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 Betreff des Beitrags: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Mi, 10.12.2008, 23:58 
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Es ist nach Mitte Oktober und im Flachland kehrt bereits langsam die trübe Stimmung des Spätherbstes ein.
Ich sitze allein in der Wohnung während draußen die Dunkelheit das letzte, spärliche Tageslicht verdrängt.

Ist es erst 2 Wochen her, dass wir bei kristallklarer Luft durch blau schimmernde Schneelandschaften wanderten - durch goldene Lärchenwälder streiften - die Wärmende Oktobersonne und die unvergleichliche Stille, wie sie nur im Herbst in den Bergen zu finden ist genießen konnten?

Doch diese Erinnerungen schwinden. Es gibt viel nachzudenken in diesen Tagen - zu viel.
Gleichgültig beobachte ich die Regentropfen, die an der Scheibe herunter rinnen und nur ein verschwommenes Bild dieses einsamen Abends preis geben -
als das Klingeln des Mobiltelephones mich aus meinen düsteren Gedanken reißt.

Es ist R. "Hi, nächstes Wochenende hab ich noch mal Zeit. Wenn das Wetter gut wird, könnten wir noch mal eine geile Tour machen - was hältst Du davon?"
Für ein Wochenende noch mal in die Berge…, ist das nicht etwas zu stressig?, denke ich.
Doch nach dem Telephonat kommen mir sofort verschiedene Touren in den Sinn, die bisher immer noch nicht realisierbar waren.
Aufgrund der Schneelage ist für uns Vieles nicht möglich, was eigentlich dringend gemacht werden müsste.
Aber Ende Oktober, mit Schnee in den hohen Nordhängen, wäre die Zeit für eine auch bei unter diesen Bedingungen problemlos machbare Pässewanderung, die mich seit Jahren fasziniert.
Es gibt keine Gipfel und keine spektakulären Wege. Aber ich vermute und erhoffe menschenleere Landschaften, phantastisches Licht, unendliche Weiten und einen Abschluss unter südlicher Sonne.
2 Tage sind genau der Zeitbedarf.

Die Tour mit allen Wegpunkten:

Tag 1:
Maloja im Engadin am Lej da Segl 1801m
Plan di Zoch 1945m - Lägh dal Lunghin 2484m
Pass Lunghin 2645- Pass da Sett / Alp da Sett 2310m – Leg da Sett
Forcellina 2672m – Mutt 2252m – Bleis – Plangga – Alpagada 2138m
Juf 2117m (2126m?)
Juppa ca.2000m.

Tag 2:
Juppa ca.2000m - Vorder Bergalga 1993m - Olta Stofel 2074m - Masügg - Uf da Büela
Bergalgapass 2790m - Val Da Roda - Lägh da Caldera 2751m
Pass da Roda (in der Landeskarte Namenlos) 2777m - Val da la Duana 2642m
Pass da la Duana 2694m - Cadrin 2135m - Löbbia 1966m - Brüscia - Plän Vest 1821m - Bosch Tens - Tombal 1545m
Soglio 1097m

Bereits kurz nach dem Gespräch verschwindet meine Skepsis und ich beschließe, diese Tour vorzuschlagen und die für ein Wochenende eigentlich viel zu lange An- und vor Allem Rückfahrt in Kauf zu nehmen - wenn nur das Wetter mitspielt...

Es sollte mitspielen.

Am Samstag, den 25.10.2008 standen wir dann, reichlich übermüdet von der Woche, der Fahrt und einer viel zu kurzen Nacht im Oberengadin - am Ufer des Silsersees.
An diesem Samstag Morgen liegt eine ganz besondere Stille über der Seenplatte. Kein Auto ist zu hören, kein Mensch ist zu sehen. Am kleinen Parkplatz direkt an der Kantonalstraße befindet sich kein Fahrzeug von Urlaubern.
Es ist die Stimmung der Nebensaison, wenn man sich nicht nur ferner von Allem fühlt, sondern auch das Privileg sein Eigen nennet, dies Alles für sich allein habn zu dürfen.
Noch ist die Sonne nicht aufgegangen und das Hochtal mit seiner schon fast kanadisch anmutenden Seenplatte überträgt auch heute Morgen seine Ruhe unweigerlich auf mich – dieses Mal soger ganz besonders intensiv.

Vom Ortseingang von Maloja aus beginnen wir den Aufstieg über fast vollkommen Baumfreie Hänge Richtung Lej Lunghin. Die Luft ist nicht ganz so trocken, wie die Wettervorhersage vermuten lies und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt tut es gut zu sehen, wie die Morgensonne die Gipfel bereits erreicht hat.

Wir wandern bergan und erreichen bald die ersten Hänge in der Morgensonne. Außer uns ist kein Mensch heute hier.
Noch sind die Muskeln kalt. Langsam setze ich einen Schritt nach dem anderen, während der Geist wach wird. Jeder Atemzug kondensiert in der Morgenluft. Ich halte kurz inne – die Geräusch meiner Schritte verstummen. In der Stille ist man allein mit sich selbst. Jeder Herzschlag ist spürbar und jeder Atemzug hörbar.
Über welk werdenden Matten baut sich gegenüber das Schroffe Bergeller Granit auf. In Mitten dieser Szenerie die kühne Staumauer des Albignasees.

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Wir steigen durch die weiche Landschaft unterhalb des Piz Lunghin auf.
Das Morgenlicht bringt die vertrockneten Gräser zum Leuchten und verwandelt die gegenüberliegenden Engadiner Berge zwischen Piz Corvatsch und Murettopass in wunderbare Silhouhetten.

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Kurz vor dem Lej Lunghin legen wir in der fast winterlich wirkenden Sonne auf gletschergeschliffenen Felsen eine kurze Pause ein.

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Hier gibt es die Möglichkeit, als Abstecher auf den äußerst lohnenden Piz Lunghin zu steigen. Wir waren jedoch bereits letztes Jahr bereits dort und auch der mittlerweile 3 Wochen alte Schnee, der mehrfach aufgefirnt und nun wieder übergefroren ist, lässt eine gewisse Rutschigkeit auf dem stellenweise durchaus steilen Gipfelanstieg vermuten, so dass wir durch die Mondlandschaft direkt zum 2645m hohen Pass Lunghin wandern.

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An diesem Ort befindet sich eine 3-fache Wasscherscheide:
nach Norden: Gelgia/Juliawasser – Rhein – Nordsee/Atlantik
nach Süden: Maira/Mera – Comersee – Po – Adria/Mittelmeer
nach Osten: Inn – Donau – Schwarzes Meer

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Es öffnet sich der Blick zum weiten Hochtal des Septimerpasses.

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Von hier gelangen wir über die Westrampe des Pass Lunghin direkt herunter zum Scheitel des Pass da Sett.

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Im Süden haben sich Wolken gebildet. Das Val Malenco scheint komplett zugezogen zu sein.
Überhaupt scheinen die Bergeller Berge und besonders die Torrone-Gruppe die feuchten Luftmassen aus dem Süden erstmalig sehr hoch ansteigen zu lassen.
Das Val Forno muss im Winter ein charakteristisches Schneeloch sein.
Sind die Berge doch nur um die 3300m hoch und bieten damit kaum eine Nährzone, bringen sie dennoch den versteckt liegenden und wenig bekannten Fornogletscher hervor, dessen Zunge ungefähr von den Dimensionen des Morteratschgletschers ist, der wiederrum aus der 4000m hohen Berninagruppe gespeist wird.

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Der Septimer war einst ein bedeutender Alpenübergang der Römer. Auf der Westrampe nach Casaccia im Bergell kann man über den "Sentiero Storico" über Teile der alten Römerstraße mit ihrem Plattenbelag und den Randsteinen wandern.
Die Ostrampe nach Bivio besteht aus einer für den Individualverkehr gesperrten Schotterstraße.

Unser Ziel jedoch ist der Pass gegenüber - die Forcellina. Der Übergang in das Averstal.
Die weiten Landschaften zwischen Averstal und Engadin sind im Winter ein beliebtes Skitourenrevier.

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Nach einigen hundert Metern Gegenanstieg ist die Forcellina erreicht.
Aufziehende Wolken, der Schnee und die Einsamkeit lassen eine kalte Stimmung aufkommen.
Wir sind bereits viele Stunden unterwegs, aber noch keinem Menschen begenet, haben lediglich in der Ferne einige Jäger und zwei Alpinwanderer gesehen.

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Vom Talschluss her kommend, wird der Blick frei auf das Averstal mit seinen weichen, baumfreien Hängen.

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In der Generichtung der Talschluss mit dem Piz Piot und seinem kleinen Piotgletscher.
Nach einer Traverse steigt man in den Talboden ab und erreicht in Juf, der letzten Siedlung wieder die Zivilisation.
Wobei Zivilisation hier eine andere Qualität hat, als in vielen anderen Tälern.

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Das Hochtal, in dem auf mehrere Ortschaften verteilt, ca. 185 Menschen leben, pflegt einen zurückhaltenden, ursprünglichen Tourismus.
In Juf kann man verscheidene Tees kaufen. Es gibt aber keinen Laden und keinen Verkäufer, sondern die Tees stehen einfach zum mitnehmen auf einem Sims an einem Haus. Jeder kann etwas mitnehmen. Daneben steht ein Glas zum bezahlen. Man kann geben, was man für angemessen hält.
Aber auch vor diesem Ort machen typische Schweizer Gepflogenheiten zur Regelung des ruhenden Verkehrs nicht halt. Die vielleicht 8m breite und 5m lange Freifläche vor einem Haus ist mit reichlich Absperrmaterial abgegrenzt und vollkommen unverhältnismäßig mit Parkverbotsschidern deklariert. Ich betrachte diese Struktur und frage mich, wer hier denn eventuell verbotwidriger Weise parken können wollte. Die Frage bleibt mir unbeantwortet.

Von Juf gehen wir die Straße nach Juppa. Ein Wanderweg ist kaum erforderlich, da sowieso rein garnichts los ist.
An unserer Unterkunft angekommen öffnet sich der Blick in das im Abendglanz erstrahlende Bergalgatal - unser Weg für Morgen.
Hier am Taleingang befinden sich auch die 2 im Forum wohlbekannten Skilifte.

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In der Pension befindet sich außer uns nur noch ein einziger, weiterer Gast.
So bleibt viel Zeit für Gespräche mit dem Wirt, der uns erzählt, dass hier in den 60er Jahren eine Skistation geplant war. Die Investoren stoppten die Planungen jedoch, als sie von der Windanfälligkeit des Hochtals erfuhren. Der Skilift Tscheischa ist ein Relikt dieser Pläne, denn sein Bau war bereits vertraglich festgelegt und musste erfolgen.
Die großen Erschließungen jedoch, fanden nie statt.

Früh legt sich die Dunkelheit über das Tal.
Bei einer Flasche Wein genießen wir das hervorragende Abendessen.
Die Lebensmittel stammen fast ausschließlich aus der Produktion der Bauern und Jäger des Hochtals.
Hier gibt es keine Massenabfertigung, hier wird kein Geld an irgenwelche Alpenvereine abgeführt.
Fast jeder Franken bleibt der Bevölkerung im Tal, in einem sympathischen Hochtal mit mehreren Ortschaften, das insgesamt halb so viele Einwohner zählt, wie manche Alpenvereins"hütten" an Übernachtungsplätzen haben. Es braucht keine diktierte Hüttenruhe. Irgendwie ist das hier alles viel mehr mein Stil.

Fortsezung folgt....

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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Do, 11.12.2008, 7:15 
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Jetzt war ich gerade für die Zeit des lesens + Bilder ansehens nicht mehr im Backstubenbüro sondern im Engadin.

Super!

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Backe backe Kuchen...


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Do, 11.12.2008, 11:15 
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gefällt mir, wie du Weite und Bergeinsamkeit inszenierst und Deinen Begleiter (als Menschlein) hineinkomponierst.


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Do, 11.12.2008, 20:04 
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Ich find die Bilder erzeugen diesmal eine sehr düstere Stimmung, so im reinen s/w.... also eher abschreckend als einladend, und damit recht konträr zum Text und auch gar nicht zum Herbst passend, der doch einer der farbenreichsten Zeiten ist....

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Da ich hier wie im Alpinforum von den Anhängern der Corona-Sekte verfolgt werde, werde ich hier nichts mehr schreiben oder lesen.
Meine Berichte sind ab sofort nur noch auf meinem Blog: http://blog.inmontanis.info
Überblick Ski-Saison 1.10.2020-30.9.2021 (102 Tage, 52 Gebiete) & Meinung zu Corona


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Fr, 12.12.2008, 11:43 
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Ich finde gerade die Atmosphäre beeindruckend...

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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Mi, 07.01.2009, 22:30 
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Danke für Euer Feedback!

starli hat geschrieben:
Ich find die Bilder erzeugen diesmal eine sehr düstere Stimmung, so im reinen s/w.... also eher abschreckend als einladend, und damit recht konträr zum Text und auch gar nicht zum Herbst passend, der doch einer der farbenreichsten Zeiten ist....


Man kann es natürlich immer unterschiedlich empfinden.
Ich für mich wollte an diesem Wochenende einfach schwarzweiß.
Ich neige auch manchmal dazu, die Lichtstimmung selbst, die ja im Spätherbst ganz anders als im Sommer ist, stärker wahr zu nehmen als die Farben.
Als düster empfinde ich die Bildwirkung aber weniger, eher als trist - die Ästhetik der Tristesse vielleicht. Und so habe ich es auch eher wahrgenommen und so wollte ich es auch in Erinnerung behalten.







Weiter geht's:
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Als ich am Sonntag Morgen aufwache dämmert es gerade. Es ist still. Weder draußen, noch im Gebäude ist ein Geräusch zu hören.
Nach dem Aufstehen betreten wir den menschenleeren Gastraum.
15 Minuten später bekommen wir, als die einzigen Gäste, die gerade frühstücken möchten, ein perfektes Frühstück mit frischem, noch warmem handgebackenem Brot serviert.
Nachdem wir uns reichlich Zeit gelassen haben, diversen Tassen Café und Ovomaltine verabschieden wir uns vom Wirt und verlassen das "Hotel".

Nochmal die Route des 2. Tages:
Juppa ca.2000m - Vorder Bergalga 1993m - Olta Stofel 2074m - Masügg - Uf da Büela
Bergalgapass 2790m - Val Da Roda - Lägh da Caldera 2751m
Pass da Roda (in der Landeskarte Namenlos) 2777m - Val da la Duana 2642m
Pass da la Duana 2694m - Cadrin 2135m - Löbbia 1966m - Brüscia - Plän Vest 1821m - Bosch Tens - Tombal 1545m
Soglio 1097m

Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen und taut langsam das Rauhreif auf de Wiesen um das Gebäude auf.

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Doch unser Weg führt in das noch im Schatten liegende Bergalgatal über übergefrorene Wiesen.

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Bei Minustemperaturen wandern wir die erste Stunde, bis der Weg ansteigt und wir in den weiten Ebenen unterhalb des Bergalgapasses endlich die Morgensonne erreichen.

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^^Blick zurück in das Bergalgatal - dahinter das Averstal

Unendliche, menschenleere Weiten am Bergalgapass. Die Vegetation schwindet langsam.

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Über Schneefelder bis zur geschlossenen Schneedecke steigt die Route langsam bis zum Pass an.
Hier oben hat sich der Schnee von Ende August teilweise gehalten, der von Anfang Oktober sowieso.
In der Sonne glitzert der Schnee. Im Schatten macht sich bereits der nahende Winter bemerkbar.
In der Sonne ist es warm wie im Frühling. Es ist Ende Oktober auf 2800m.ü.M.

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^^Das Gletscherhorn, einer von unzähligen Gipfeln, die hier weglos und entsprechend wenig frequentiert erreichbar sind.

Nur die Sonne war Zeuge.

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Der kleine See an der Passhöhe ist bereits zugefroren.

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Am Pass wird der Blick frei in die Hochebene am "Pass da Roda" (in der Landeskarte nicht bezeichnet)
Die vegetationslose Mondlandschaft ist von Felsrippen und Seen durchsetzt und einer unglaublich abgeschiedener Ort von einer Stille, die man nur sehr selten erlebt.

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^^Am Horizont ist bereits kurz das schroffe Bergeller Granit zu erkennen.

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Vom Pass da Roda gaht es dann durch eine Geröllhalde hinunter in das Val da la Duana, das vom mächtigen Piz Duan überragt wird. Wieder ein extrem wenig begangener und äußerst lohnender Gipfel.

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Es folgt ein kurzer Aufstieg zum Pass da la Duana

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Spätestens hier hat man wider die Alpensüdseite erreicht.
Es öffnet sich ein atemberaubendes Panorama - fast 2000hm über dem Talboden des Val Bregaglia wird der Blick frei auf das sich zum Lago di Como öffnende Valchiavenna.
Der Charakteristische Dunst der südlichen Randalpen verwandelt die Bergketten in Silhouetten.
In der klaren Bergluft darüber reicht die Fernsicht noch über das Tessin hinweg bis zum Monte Rosa Massiv.

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Der Abstieg vom Duanpass nach Soglio könnte schöner nicht sein.
Auf 1700hm durchstreift man von kargen Felslandschaften über Mattengelände durch zunächst Ruinendörfer und weiter unten teils noch bewohnte und bewirtschafte Maiensässe die Kulturlandschaft Südbündens. Stets im Angesicht der mächtigen Scioragruppe. Begleitet von beispiellosen Tiefblicken.

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^^Cadrin, der höchste und längst verlassene Maiensäss. Das Gelände verbuscht bereits wieder.
Wir haben gerade die ersten beiden Menschen des Tages getroffen, die den langen, schweißtreibenden Aufstieg von Soglio zum Duanpass auf sich genommen haben.

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Dann geht es in den Nadelwald. Hin und wieder tauchen Ruinen auf, bis man das Hochplateau von Plän Vest erreicht. Einige der Häuser sind bewohnt. Aber bewirtschaftet wird das Land hier nicht mehr.
Das Herbstlicht scheint von Süden auf die Ebene.

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Von hier geht es auf dem verfallenen, ehemaligen Wirtschaftsweg in dichten Wald, dessen Schatten ich jetzt angenehm finde, denn ich bin bei der aufsteigenden, fast mediterranen Wärme ziemlich ins Schwitzen gekommen.

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Einige hundert Höhenmeter weiter unten verlässt man den Wald schlagartig und erreicht das lichtdurchflutete Hochplateau des noch bewirtschafteten Maiensässes Tombal.

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An der Geländekante wird der Blick auf unser Ziel frei - Soglio

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Bereits gut 1400hm Abstieg liegt seit dem Bergalgapass hinter uns - gut 450 sind es noch bis Soglio.

Schlagartig wandelt sich die Vegetation.
Das Herbstlaub raschelt unter unseren Füßen als wir durch lichtdurchströmte Laub(lose) Wälder die letzte Etappe antreten.

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^^leider verwackelt :(

Dieser legendäre Abstieg geht in die Beine.
Und dann liegt es vor uns. Soglio.
Giovanni Segantini nannte es "Die Schwelle zum Paradies".

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Hier, nach 8 Stunden Wanderung, knapp 900hm Aufstieg und knapp 1900hm Abstieg gibt es die ersten Einkehrmöglichkeiten des Tages. Wir genießen die wärmende, südliche Abendsonne.

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Um kurz nach 5 geht unser Bus. Um 6 Uhr sind wir in Maloja am Auto und es dämmert bereits.
Auf dem Julierpass ist es bereits dunkel.
Später verabschiede ich mich von R und steige in mein Auto um.
Danach, irgendwo auf der Autobahn beginnt es zu regnen.
Doch noch spüre ich die wärmende Sonne dieses verblassenden Sommers.
Gleichgültig beobachte ich die Regentropfen, die an der Scheibe entlang rinnen und nur ein verschwommenes Bild dieses einsamen Abends preis geben...

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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Do, 08.01.2009, 16:52 
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Registriert: Do, 08.01.2009, 16:46
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Nachdem ich schon einige Topics hier mit Begeisterung gelesen habe, konnte ich mich endlich auch zur Anmeldung durchringen.

Eine sehr schöne Tour, die ihr hier gemacht habt! Der erste Teil steht schon lange auf meiner Wunschliste. Der Verbotsschilderwald ist mir in Juf auch schon aufgefallen. Doch er ist leider nötig, denn das ist der Wendeplatz des Postbusses, der Juf mit dem Rest der Welt verbindet. Wer nun denkt, da fährt eh nur ein Minibus hoch, irrt! Nein, da kommt ein ausgewachsener Omnibus und der braucht nun mal ein bisschen Platz zum wenden.

Apropos Bus: Die Fahrt mit dem Postbus von Soglio runter und dann wieder hoch nach Maloja ist auch nicht schlecht, was? Mein Respekt vor den Fahrern dieser Busse, die ihre Ungetüme sicher auch noch durch die engsten Kurven zirkeln. Kommt dann auch noch das berühmte Dreiklanghorn zum Einsatz, umso schöner!


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Do, 08.01.2009, 21:16 
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Durchaus mal eine etwas andere Betrachtungsweise einer Herbst-Tour.

Zitat:
Als düster empfinde ich die Bildwirkung aber weniger, eher als trist - die Ästhetik der Tristesse vielleicht. Und so habe ich es auch eher wahrgenommen und so wollte ich es auch in Erinnerung behalten.


Im ersten Moment hab ich mich über die Aussage gewundert - düster oder trist, wo ist denn da der Unterschied? Nach einigem Überlegen hab ich's wohl begriffen. Auch wenn die ersten Schneebedeckten Gipfel im Herbst bei Sonnenschein betrachtet für mich gar nicht trist sein können, sondern eher mit Glücksgefühlen verbunden sind.

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Da ich hier wie im Alpinforum von den Anhängern der Corona-Sekte verfolgt werde, werde ich hier nichts mehr schreiben oder lesen.
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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Sa, 29.08.2009, 18:25 
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Beiträge: 37
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Was soll man sagen? In erster Linie natürlich (wie gewohnt) tolle Fotos. Bei manchem habe ich den Eindruck, dass ein wenig mehr Farbe besser wäre, andere transportieren dafür in Schwarzweiß eine ganz besondere Atmosphäre (z. B. das Kuhportrait oder das einsame Dorf). Die Bildkomposition ist natürlich immer super.


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Sa, 29.08.2009, 20:53 
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Beiträge: 287
3303 hat geschrieben:
Bild

In der Generichtung der Talschluss mit dem Piz Piot und seinem kleinen Piotgletscher.
Nach einer Traverse steigt man in den Talboden ab und erreicht in Juf, der letzten Siedlung wieder die Zivilisation.
Wobei Zivilisation hier eine andere Qualität hat, als in vielen anderen Tälern.



Obwohl der Bericht eigentlich schon ewig online ist, habe ich mir nun auch endlich die Zeit genommen ihn genau durchzulesen. Vorallem die Einleitung ist spannend geschrieben und man kann sich so richtig "reinfühlen".

Endlich sehe ich mal auf obigen Foto den Ort, der auf meiner Identitäskarte und auf dem Heimatschein als Heimat- resp. Bürgerort angegeben wird 8)
Wird höchste Zeit mal selber hinzugehen. Die verlassene, waldfreie Landschaft inspiriert mich.

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Ils temps as müdan-ed nus cun els


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Verblassen des Sommers
BeitragVerfasst: Sa, 29.08.2009, 23:47 
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Beiträge: 1543
Danke Euch!

@piznair: Dann wird es ja wirklich mal Zeit.

Bürgerort: Zum Glück gibt es ja Wikipedia ;-)

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