Retro-Tour IIa: 2. Sappada, Venetien, 5.1.2006
Zurück zur Übericht der Tour.
Zum vorigen Tag: 1. Goldeck, Spittal, Österreich, 4.1.2006.
Der Morgen ist trüb und fahl. Grau-blaue Wolken hängen tief und verdecken die Sicht auf die Berge, die wir jetzt das erste mal im Tageslicht sehen würden. Der nächtliche Eindruck von der Schneelage hingegen hat nicht getäuscht: bereits hier unten findet sich eine anständige geschlossene Schneedecke, tief verschneit wäre vielleicht eine Übetreibung, aber zumindest sehr winterlich schaut es aus. Und das Schigebiet liegt ja doch noch einmal deutlich höher, diesbezüglich wird die Schitag wohl halten, was ich mir erhoffe. Was die Sicht angeht, nun ja, man wird es sehen müssen (oh ha jetzt ist mir doch beinahe ein Wortspiel geglückt... ). Solange wir nicht im dichten Nebel fahren müssen, bin ich zufrieden, obwohl natürlich das Wetter weder zum Photographieren noch zum Bestaunen der Landschaft einlädt.
Das Frühstück fällt auch für eines in einem italienischen Albergo der einfacheren Sorte verhältnismäßig übersichtlich aus, ist mir aber nur recht. Es gibt excellenten Café (sprich Espresso wie wir Teutonen zu sagen pflegen) und dazu ein Produkt der Teigwarenpalette nach "Wahl" (sprich Brötchen oder Brioche --- mein französischer Mitbewohner hat mir gerade erklärt, "Brioche" sei französisch und nicht italienisch, wie das auf italienisch heißt, wissen wir aber beide nicht, "diese-fluffigen-Teigdinger-da", finden wir wäre ein sehr passender Name ---). Gut, das ist nicht viel, da ich es aber ohnehin hasse, morgens größere Mengen zu essen, dafür aber Café ohne Ende trinken kann, kommt mir das so gerade recht. Außerdem mag ich Buffets nicht, wo das Ei kalt ist, bis man um die sechs Müsligallerien, die Naturjoghurtstaffelung, das Sortiment aus verschiedenen regionalen Vollkornteigwaren, diverse mehr oder weniger selbsthergestellte Marmeladen, die Saft-Bar, die Käsecollection, die Kuchengallerie und die Wurstvernissage herum zum eigenen Tisch gelaufen ist, und dabei noch ständig hinter wohlbeleibten Vertretern der eigenen Heimat warten muss, die mit unbeholfenem Geschick die Teller so volladen, dass man sich fragt, wann sie von E- auf S-Klasse upgraden und die für einen netten Small-Talk, welche alpinistischen Glanztaten sie am vorigen Tag wieder vollbracht haben, immer zu haben sind. (Und dabei dann auch etwa so lange brauchen wie ich, um diesen letzten Satz zu tippen).
Na gut, hier in Sappada gibts erst gar kein Ei und o.k., ich mag gar keine Eier zum Frühstück, aber wir wollen ja bitte jetzt nicht kleinlich sein. In Wirklichkeit stören mich die großen Buffets auch nicht wirklich, ich nutze sie schlichtweg nicht und gelegentlich regt mich dieses sich gegenseitig am Buffet übertrumpfen wollen, dass man immer wieder in vier und fünf Sterne Hotels beobachten kann, schon zum Schmunzeln an. Wobei: meist gibts dann dort nur Filterkaffee und frische Marmeladen, und das läuft meinem - zugebenermaßen eventuell leicht individualistischen - Frühstückstyle dann schon entgegen. Ja, ich liebe diese kleinen abgepackten, ultra-süßen, eine riesige Umweltsauerei darstellenden und nie verünftig zu öffnenden Marmeladendöschen in Italien, deren Inhalt vermutlich erstaunt wäre, wenn man ihm erklären würde, was eine Erdbeere wirklich ist. Aber das geht zum Glück ja gar nicht, und der Versuch würde sicher auch bei den Nachbartischen auf Unverständnis stoßen. Also versuche ich gar nicht erst, mit meiner Marmelade zu reden, sondern freue mich lieber, dass diese genau meinem Geschmack entsprechende, die perfekte Portion beinhaltende Konfitürenkonserve südlich der Alpen überlebt hat. So richtig gut beginnt der Tag dann aber eigentlich als Gerrit zum Ausdruck bringt, dass ich in der falschen Zeit geboren sei. (Zugegebnermaßen, der Gedanke kam mir auch schon, obwohl ich das bisher nicht abschließend klären konnte). "Skier aus den 70ern, Frühstück aus den 70er..." ... moment die Dinger sind zwar lange haltbar, aber sooo lange? Ach so, früher - also in den 70ern, dieser komischen Hippiezeit da, wo alle bekifft VW-Käfer gefahren sind und mit der Wandergitarre gegen Atomkraftwerke demonstriert haben - war es also üblich, dass man in Hotels diese kleinen unhandlichen Marmeladenkonserven zum Frühstück reichte? Gerrit bestätigt. Captain Retro strahlt und bekommt Wangen, so rot wie seine angehimmelte Fragolamarmeladendose. Hui, etwas aus den 70ern tollgefunden, ohne zu Wissen, dass es aus den 70ern ist? Toll, Retro aus Leidenschaft!
Übrigens kann ich trotz diverser Ausführungen zum Thema und eingehender Erläuterung der Motive meiner Buffetabstinenz unglückerweise meine Begleiter von deren Richtigkeit nicht so recht überzeugen. Im Laufe der Diskussion findet dann auch erstmals die Legende um Gerrit und seinen sechs Müslisorten Erwähnung, die hier immer mal wieder im Forum herumgeistert. Die ganze Sache sieht nämlich so aus: Einst war Gerrit stolzer Kapitän der "White Pearl", dem schnellsten Schiff im steinernen Meer mit der gefürchtetsten Crew von Freireitern, die diesseits des Alpenhauptkammäquators kreuzte. Das Schiff und seine Crew waren auf der Suche nach einem legendären Schatz - bekannt unter dem mythischen Namen "Freireiter Paradies" - , versteckt irgendwo südlich des Monte Rosa, an einem Ort, den man nur finden kann, wenn man bereits weiß, wo er liegt (wie das in diesen komischen Legenden ja immer so ist). Ewig schon suchte der Captain mit seiner Mannschaft nach dem Ort des legendären Schatzes, der von unschätzbarem Wert ewige Freiheit allen Freireitern versprach. In einer finsteren stürmischen Nacht nun wandte sich das Schicksal unseres Helden jedoch gegen ihn: die Crew, angeführt von seinem ersten Maat Babosta meuterte gegen den Captain, sie teilten seine idealistischen Ansichten über das Freireiter Paradies nicht und träumten davon, das weiße Gold lieber selbst zu versilbern (na wenn das nicht Haarscharf am nächsten Wortspiel vorbeigeschrammt ist... ). Einzig Fangriemen-Bill blieb seinem Captain treu und endete dafür auf dem Grunde des Reschensee, wo der Legende nach ein Kirchturmimitat noch heute die Stelle seines kühlen Grabes markieren soll. Für den Captain hatte die schwarze Seele Babostas noch ein viel schlimmeres Schicksal erdacht: sie setzten ihn auf einer einsamen Felsinsel, die auf den unwirtlichen Namen Amadé lautet, aus ... einzig mit sechs Sorten Müsli, die ihm die grausame Wahl zwischen dem Hungertod und einem langsamen qualvollen Zugrundegehen lassen sollten. Drei Tage und drei Nächte harrte er an diesem unwirtlichen Orte aus und widerstand der Versuchung, das teuflische Müsli anzurühren. Als am vierten Tage jedoch der Wille unseres Helden kurz davor war zu brechen, zeichnete sich Rettung am Horizonte ab: ein Schiff steuerte auf eben jene kleine Felsinsel zu. Zufällig wurde eben diese nämlich von teutonischen Schmugglern als Versteck für ihre morgens vom Buffet geschmuggelten Vesperbrote genutzt und als diese schließlich zu ihrem Versteck kamen, fanden sie Captain Jack Gerrit vor, der in einem Anflug von bestechender Genialität den Geniestreich vollbrachte, ihnen weiß zu machen, diese seine sechs Müslisorten seien doch wesentlich gesünder als die geschmuggelten Vesperbrote, indem er ihnen erzählte, das Cholesterin der Eibrote und die tierischen Fette des Schinkenbrötchen verkalkten ihre Gefäße! Naiv wie Schmuggler so sind, glaubten sie den Mythos von den links drehenden Milchsäuren und ließen sich auf einen riskanten Tausch ein: ihre Vesperbrote gegen Gerrits sechs Müslisorten. Und als sie dann schließlich mit einer schrecklichen Kolik handlungsunfähig am Boden lagen, stahl Captain Gerrit ihr Schiff und segelte in die Dämmerung davon.
Nun ja, der Schatz war ohnehin mit einem schrecklichen Fluch belegt, aber das ist ja sowieso eine ganz andere Geschichte. Wir sind jedenfalls mittlerweile wieder in Sappada und parken unweit des Marchisio ESL. Bei Tageslicht bestätigt sich der Eindruck, den wir bereits am vorigen Abend von Sappada gewonnen hatten. Der Ort macht einen sauberen, gepflegten und höchst vitalen Eindruck, kein verschlafenes abgelegenes Bergnest, wie ich erwartet hatte vorzufinden. Er erinnnert an die südtirolnahen Orte Trentinos wie beispielsweise die des Fassatals. In diesem weiten - vermutlich bei anderer Wetterlage sehr sonnigen - Talkessel umrahmt von durchaus imposanten Dolomitenbergen, die allerings nicht ganz die Größe der westlichen und bekannteren Dolomitenstöcke erreichen, erinnert er fasst etwas an ein kleines Cortina. Umso überraschender, dass man von dem Ort nie etwas hört - zumal das Schigebiet auch einen durchaus gar nicht mal so kleinen Eindruck macht. An dieser Stelle muss man allerdings anmerken, dass der Pistenplan dort etwas täuscht. In Wirklichkeit handelt es sich nämlich um vier sehr kleine Schigebiete, die untereinander nicht verbunden sind und es teilweise auch nie waren, teilweise durch Abriss der Anlagen nicht mehr sind. Insofern scheint das Gebiet doch nicht so vital zu sein, wie es auf den ersten Eindruck scheint und die Gesamtzahl der Anlagen ist - auf vier einzelne Gebiete verteilt - auch weniger aussagekräftig als man zunächst meinen mag.
Als erstes widmen wir uns dem Gebiet, dessen einzige verbliebene Anlage der Grund unserer Anreise ist: dem Monte Ferro mit dem seinem uralten Marchisio ESL - einem der letzten der Alpen. Unweit der Kirche startet die Anlage zunächst über flache Almwiesen, um dann ein Stück dichten Waldes zu durchqueren und oberhalb auf halber Höhe am Hang zu enden. Die ergänzenden Lifte, die auf einem alten Plan am Talstationsgebäude noch eindrucksvoll nachzuvollziehen sind und die das Gebiet nach oben und zu den Seiten beachtlich erweitert haben, exisitieren nicht mehr. Insbesondere der noch heute im Plan verzeichnete Verbindungslift zum Gebiet am Rifugio 2000 ist nicht aufzufinden. So verbleibt einzig der ESL, der wohl mittlerweile auch abgerissen ist und von dem ich nicht weiß, ob er tatsächlich noch einmal ersetzt wurde.
Der ESL Monte Ferro startet in der Nähe der Kirche in die nördlich des Tales gelegene Bergregion.
Ein alter Pistenplan am Stationsgebäude, die mittlere Anlage ist der ESL, der Rest ist abgerissen worden. Auch hier wieder viel deutsche Sprache, wie auch sonst in der Region.
Der Plan stammt von 1977, wie man sieht.
Interessant an der Anlage ist, dass sie - anders als sonstige überlebende Marchisio ESL, die ich kenne - relativ originalbelassen ist. Technisch also nicht uninteressant. Weit faszinierender für mich persönlich war die Trasse, die wirklich ausschaut, wie auf Postkarten aus den 50er Jahren: eine so niedrige Seilführung, wo man quasi fast an jeder Stelle aussteigen kann, kenne ich ansonsten nur von historischen Bildern. Da der Lift aus den 70er Jahren sein soll, frage ich mich allerdings, ob hier möglicherweise eine gebrauchte Anlage wieder verwendet wurde. Eigentlich hat man in den 70er schon anders gebaut. Weiterhin faszinierend: das Waldstück! Also so etwas zugewuchertes habe ich noch nie gesehen. Gerrit hat es schon recht treffend vor Ort gesagt: "Also ich kenne die Lifte, die fahren über die Bäume und ich kenne Lifte, die fahren zwischen den Bäumen durch. Aber ein Lift, der
unter den Bäumen langfährt - so etwas hab ich noch nie gesehen!" Insofern ist oder vielmehr war die Anlage schon ein Kuriosum. Die relativ kurze und alles andere als exponierte Trasse ist allerdings unabhängig von diesen beiden Punkten relativ unspektakulär. Aber seht selbst.
Noch ein bisschen Marchisiotechnik. Detailreichere Bilder gibt es in k2ks Bericht zu sehen.
Die unteren ca. zwei Drittel der Trasse.
Charakteristische Marchisio Niederhalterstütze.
Talstation und Sappada.
Gleich geht es in den "Tunnel"...
Man kann wirklich nicht behaupten, die Anlage falle jetzt extrem störend im Landschaftsbild auf.
Das letzte obere Stück führt über eine kleine Alm mit nur noch leichtem Baumbestand.
Stützen an der Bergstation, im Hintergrund erahnt man Teile der dolomitenhaften Kulisse Sappadas.
Wo ist der Lift? Und vor allem: wo kommt er aus dem Wald???
Die Piste ist leicht und nicht allzu lang. Was mir gefällt ist der Stil: völlig unmarkiert, ohne jedwede Sicherheitsinfrakstruktur und ohne gerade Kanten führt sie durch den Wald. Skitechnisch sicher kaum spektakulär, aber irgendwie so ein bisschen Naturerlebnis - mir gefällts. Und übrigens: Gott weiß warum, aber es gibt Vollbeschneiung. Da sage nochmal wer, Vollbeschneiung und naturbelassene Pistentrassen widersprächen sich!
Da das Gebiet aber nun nicht so spektakulär ist und ohne die weiteren Anlagen auch recht schnell erkundet ist (es gibt ja nur die eine Piste), wechseln wir - mit dem Wagen - ins nächste Gebiet. Dieses zweite nördlich des Ortes gelegene Gebiet, erschließt ein Hochtal östlich des Monte Ferro und ist wohl das anspruchsvollste Gebiet des Ortes, wenn auch "anspruchsvoll" an sich etwas übertrieben scheint. Es besteht aus zwei Leitner DSB, wovon die obere als Tal-Berg-Tal-Anlage quasi doppelte Funktion hat. Im Talkessel schließt sich dann ein guter alter Leitner-Doppel-Tellerschlepplift an. Das Gebiet zeichnet sich primär gegenüber den anderen durch seine relativ lange Talabfahrt und seine im Verhältnis zum sonstigen Niveau des Ortes, steileren Pisten aus. Es ist wohl auch das größte Schigebiet vor Ort, wobei man auch hier sagen muss, dass das Gebiet sehr einfach in ein bis eineinhalb Stunden komplett abgefahren werden kann. Schön ist in jedem Fall die Aussicht auf die Dolomiten südlich des Talkessels von Sappada - die wir gegen Mittag als es etwas aufriss dann auch bewundern konnten - sowie dieses kleine Hochtal mit dem Schlepplift in Bezug auf seine landschaftlichen Qualitäten. Geplante Erweiterungen weiter in das Hochtal hinauf, die durchaus möglich und sinnvoll wären, wurden allerdings nie realisiert.
Leitner-DSB und Sappada.
Bergstation der unteren, Talstation der oberen (Tal-Berg-Tal-)DSB.
Ausstieg der unteren DSB.
Die Trasse der oberen DSB, die - wie ich finde - ganz nett über die Felsen führt und abgelegen von der Piste, die einen weiten Bogen durch ein Seitental nimmt, irgendwie Ruhe vermittelt.
Berg- und Mittelstation der oberen DSB.
Das Hochtal mit dem Doppelschlepplift. Links hinauf waren einst Erweiterungen geplant.
k2k im Doppelschlepplift, dessen beide Pisten durchaus Spaß machen, so dass wir hier einige Zeit verbringen.
Gerrit und k2k knapp unterhalb der Bergstation des SLs.
Während etwas mittlerweile etwas aufgeklart ist und teilweise sogar die Sonne anstalten macht, zumindest ihre Existenz wenn auch dezent unter Beweis zustellen, absolvieren wir vor dem Mittagessen schnell noch einmal die Talabfahrt. Diese ist mit Abstand die längste Piste im Gebiet und landschaftlich durchaus abwechslungsreich, wenn auch in den unteren zwei Dritteln skitechnisch relativ langweilig. Vor allem das Mittelstück ist in erster Linie ein mit einigen Serpentinen und großen Fangnetzen versehener, etwas breiterer Weg, der eher wenige Schwünge oder eigene Fahrlinien erlaubt. Nach erneuter Auffahrt mit beiden DSBs entschließen wir uns denn zur Mittagspause im Rifugio 2000.
Talabfahrtsende bei den Häusern von Sappada.
Mittlerweile erlaubt das Wetter während der erneuten Auffahrt Blicke auf die Gebirgsstöcke südlich des Tales. Gut zu erkennen das dritte Gebiet der Region mit Talabfahrt. Dort hat ein steiler SL, der sich dicht in die Felsen in dem Hochtal dort oben herantastet, bereits auf der Karte unsere Neugier geweckt. Dieses Gebiet haben wir für nach der Mittagspause anvisiert.
Wiederum in der oberen DSB.
Blick von der Terrasse des Rifugio 2000 auf eben jenes Schigebiet.
Das Rifugio 2000 ist eine komplette Enttäuschung. Also mehr Ballermannstyle findet man in Amadé auch nicht, Flatscreens mit MTV Programm zum Mittagessen? Na besten Dank! K2k hat das ja alles schon beschrieben. Um 12.20 Uhr noch kein Mittagessen am Start, dafür eine riesige Schlange. Dann erhält man aus den Warmhaltekanistern völlig überteuerte "Speisen", ich habe für meine "Wurstel e Crauti" (zugebenermaßen eine selten bescheuerte Wahl meinerseits) wohl 7,- € bezahlt, wie ich k2ks Bericht entnehme. Die Portion würde jeder Form des Askese gerecht und die banale Plastikteller spottet jeder Frittenbude im Rotlichmilieu hinter unserem Hauptbahnhof. Sorry, aber so eine Katasstrophe habe ich auf einer Alpenhütte schon lange nicht mehr erlebt! Insbesondere ärgert mich das, weil Gerrit soweit ich weiß noch nie in Italien schifahren war und k2k abgesehen von unserem Alagnaurlaub wohl auch noch nicht sooo oft. Insofern ist es mir natürlich ein Stück weit ein Anliegen, so ein bisschen auch das Italien zu präsentieren, das mich zu immer neuen Schiurlauben dort motiviert. Das kann man hier in Sappada allerdings ziemlich getrost vergessen, die miserable Hütte setzt dem ganzen dann nur noch die Krone auf. Diese Frechheit von Essen hat mich dann auch motiviert mir ein Beispiel an Starli zu nehmen, und diese Katasstrophe mal bildlich festzuhalten.
Lecker oder??
Na ja, wir lassen uns trotz des miserablen und völlig überteuerten Essens die Laune nicht verderben. Für die letzte Abfarht im Gebiet ist dann mal Skitausch angesagt. Da mich durchaus begeistern kann, was k2k auf seinen Ski so anstellt, bin ich neugierig, inwiefern ich damit zurecht komme. Gleichermaßen interessiert mich natürlich. was er anstellt, wenn meine 35 Jahre alten Schi fährt.
Beim Umschnallen...
Das Ergebnis ist in meinem Fall in etwa dasselbe wie jedesmal: nach der ersten Abfahrt komm ich mit den Schi so halbwegs zurecht, ohne ihnen aber mangels besserer Kenntnisse des nötigen Stils gerecht zu werden, so dass ich letztendlich nicht beurteilen kann, was man damit wirklich machen kann. k2k für seinen Teil kommt mit meinen Brettern natürlich sehr gut zurecht, weil er ja beide Techniken beherrscht, fährt aber logischerweise den 90er Jahre Stil, den man zuletzt mit geraden Schi fuhr und nicht denjenigen von vor dreißig Jahren, den ich versuche auf den Schi zu fahren und für mich den Reiz des Equipments ausmacht. Auch wenn ich natürlich nur für meinen Teil sprechen kann, würde ich insofern sagen, dass es für beide ein interessantes Experiment ist, dass aber jeweils nicht so weit geht, dass man nun traurig wäre, wieder zurück zu tauschen. An dieser Stelle sei übrigens angemerkt, dass ich mit den geraden Schi, wie sie zuletzt in den 90ern angeboten wurden, selber ebenfalls wenig anfangen kann. Ohne sagen zu können warum, fühle ich mit dem antiquierten Material, das eigentlich eine Technik verlangt, die schon passé war als ich das erste mal auf Brettern stand und die ich mir erst wesentlich später so gut es ging selbst beigebracht habe, am wohlsten.
Der fortgeschrittene Tag lässt uns nur noch Zeit für ein weiteres Gebiet, wir entscheiden uns natürlich für das mit dem exponierten SL. Das vierte Gebiet - in Ortsnähe - ist primär eine große Waldschneise, die schon von unten aus wenig Interessantes verspricht und damit aus dem Rennen ist. Unser letztes Gebiet des Tages ist mit einer neuen und entsprechend unspektakulären Leitner DSB von einer kleinen Passhöhe östlich von Sappada aus erschlossen. Dass diese erst in diesen Winter einen weiteren Marchisio ESL (mit roten Stützen!) ersetzt hat, der deutlich länger und interessanter trassiert gewesen wäre als derjenige am Monte Ferro, erfahre ich erst vor Ort. Nun gut, es lässt sich nicht ändern und da ich es vorher nicht wusste, ist die Enttäuschung natürlich nicht so groß. Anders hingegen als wir oben im Gebiet ankommen: der exponierte SL steht zwar noch, ist aber schon lange außer Betrieb wie es scheint. Somit reduziert auch dieses Gebiet auf eine leichte und kaum spektakuläre Talabfahrt und einen kleinen Baby-Hang mit Leitnerschlepplift unmittelbar an der Bergstation des DSB.
Da uns die exponierte Lage des stillgelegten SLs aber fasziniert und noch dazu ein perfekt geneigter, unberührter Tiefschneehang dort wartet, beschließen wir den Tag mit einem kleinen Aufstieg zur Bergstation abzuschließen. Nach wenigen Metern Gestapfe durch den Tiefschnee fällt irgendjemand ein, dass es möglicherweise dezenz smarter wäre, doch die Tourenschi aus dem Wagen zu holen, so dass wir eine knappe halbe Stunde später einen zweiten Versuch, diemal mit Tourenausrüstung starten. Ich stehe das zweite Mal auf solchen Brettern und fürhle mich auch dieses mal sehr wohl damit, allein weil man sich so wunderbar einfach im Tiefschnee damit bewegen kann (vor allem wenn Gerrit die Spur zieht...
). Nach einem kurzen Aufstieg erreichen wir die Bergstation, die netter Weise in den Schutz eines großen Findlings gebaut wurde.
All inclusive...
Nach kurzem Aufenhalt an der Bergstation machen wir uns dann schließlich auf den Weg zurück, erst durch den Tiefschneehang, der mir trotz mäßiger Fahrkünste in richtigem Tiefschnee eine Menge Spaß macht und dann erneut über die Talabfahrt, die mir mit Tourenschi auch schwerer fällt als ich gedacht hatte. Am Parkplatz begutachten wir dann noch kurz ein Relikt des alten Marchisio ESL in Form einer alten roten Stütze.
An diesem Abend wird die Suche nach einem Restaurant extrem vereinfach: Gerrit hat nämlich einen excellenten Führer, der einzelne, besonders gute (diesem im Sinne der Qualität, nicht des Preises oder Prestiges) Restaurants kennt und dort auch nicht zu viel verspricht. Zwar ist das Restaurant wenig italienisch (was nicht schlecht, sondern einfach nur ungewöhnlich ist), das Essen ist allerdings große Klasse.
Der Tag in Sappada war aus meiner Sicht zwar kein totaler Reinfall, blieb aber doch ziemlich weit hinter meinen Erwartungen zurück. Die Schigebiete taugen jedes für sich relativ wenig, von der Kulisse haben wir nicht so viel gesehen. Vor allem fehlten beinahe überall die kleinen Facetten des italienischen Skifahrens, die einen normalerweise für die Abwesenheit von 120km präparierten Pisten mehr als entschädigen und mich in solche Minischigebiete wie die der Bergamasker Alpen bringen. So ist Sappada nicht Fisch und nicht Fleisch und insofern wohl auch eher nicht so schnell wieder auf meinen künftigen Reiseplanungen zu finden. Insbesondere wollte es mit nicht gelingen mit dieser ersten von mir geplanten Station unserer Tour, das charmante Italien, das man sonst abseits der Hauptrouten findet und dass ich in seinem Facettenreichtum so mag, in Sappada zu entdecken und insofern blieb auch mein Wunsch, dieses meinen Begleitern mal in Natura zu präsentieren, an diesem Tage unerfüllt. Sella Nevea - unsere nächste Station - würde diesem Anspruch wohl auch kaum genügen, da es zwar krass und ein Stück weit auch einzigartig werden würde, aber mit einem charmanten authentischen Bergdorf ungefähr so viel zu tun hat wie Mailand. Nun denn, ich denke, k2k und Gerrit würden den Tag nicht ganz so negativ bewerten, auch wenn sie vermutlich nicht unbedingt den nächsten Familienskiurlaub dort buchen werden. Da meine Ansprüche aber eben auch dahin gingen, etwas von dem Italien, was ich in den Bergamasker Alpen so liebe, an meine Weggefährten zu vermitteln, was in Sappada definitiv nicht möglich ist, habe ich diesen Tag mit relativ gemischten Gefühlen in Erinnerung - zumindest was das Skifahren angeht.
Zum nächsten Tag: 1. Sella Nevea, Friaul, 6.1.2006.
Zurück zur Übericht der Tour.