„What happened to you guys?” (Ross Geller, Paläontologe und Protagonist der US-Sitcom “Friends”, über das Aussterben der Dinosaurier)
3300er Hang zur blauen Stunde im Zoom. Selbst im Winter wäre hier nicht mehr ausreichend Pistenfläche für Skibetrieb, vom Sommer gar nicht erst zu reden. Ich poste diese Eindrücke mal ins Sommerschi-Unterforum, da es ja hauptsächlich um die beiden ehemaligen Sommerskigebiete Val Thorens‘ geht.
Aufgenommen wurden die 2012er Bilder während unserer Skiwoche in den Trois Vallées vom 24. bis 31. März 2012. Die als Vergleichsmöglichkeiten gedachten Aufnahmen stammen vom März 2003, sind also etwas mehr als neun Jahre alt. Von meinen vorherigen Aufenthalten 1992, 1996, 1997 und 2002 habe ich so gut wie keine sinnvollen Photos für Vergleiche gefunden (und gescannt). Wenn ichs mir überlege: die Photos von 2002 (und ich gehe mal davon aus welche gemacht zu haben) liegen mir weder digital noch in einem Photoalbum vor, das heißt „suchen!“, wenn ich das nächste Mal bei meinen Eltern bin… Auf jeden Fall könnte ich mich heute ohrfeigen, dass ich zumindest 1997 und 2002 die mich heute interessierenden Partien nicht photographiert habe, was das Zeug hält. 1992 war ich noch nicht einmal zehn Jahre alt und deshalb entschuldigt. Aber bereits damals habe ich sehr bedauert, dass die Doppelsesselbahn 3300 nicht in Betrieb gewesen ist, da ich wie in jedem Skigebiet gerne sofort auf den höchsten Punkt gefahren wäre (diesen Zug habe ich von meinem Vater, der mit uns als Kindern eigentlich immer und überall ganz nach oben gefahren ist).
Auslöser meiner Photographien ist der von mir nach neun Jahren Abwesenheit trotz mentaler Vorbereitung durch andere Berichte und Photos als schockierend empfundene, durch den Gletscherrückzug und Eismassenschwund bewirkte Landschaftswandel. Offensichtlich besteht zwischen bloßem Wissen und eigener Anschauung doch ein gehöriger Unterschied.
Diese Sammlung von Eindrücken und Photos gliedert sich nach den drei verschiedenen vergletscherten Bereichen des Skigebietes von Val Thorens: Glacier de Bouchet, Glacier de Chavière und Glacier de Thorens und natürlich Glacier de Péclet.
Beginnen wir mit dem
Glacier de Bouchet:
An der Bergstation des neuen Thorens-Funitels steht man direkt der Epaule de Bouchet gegenüber und sieht einen vollkommenden ausgeaperten Steilhang, der noch 2002 eine einzige glatte Hangfläche dargeboten hatte. Heute ein Chaos aus Blöcken, durch die man sich kaum mehr eine vernünftige Route bahnen kann. Hier ist nicht nur eine Abfahrt, sondern auch wunderbares Variantengelände unbrauchbar geworden.
Blick auf die Pointe du Bouchet (3420 m), in Bildmitte die Bergstation der 4-SB Bouchet (3230 m), höchste Bergstation der Trois Vallées. Darunter der innerhalb eines Jahrzehnts komplett abgeschmolzene Steilhang des Glacier de Bouchet, über den für eine Saison die schwarze Abfahrt „Pierre Lory“ führte und seither Off-Piste-Varianten, die angesichts der Ausaperung aber nun mehr eher einem Felsenlabyrinth gleichen.Pointe du Bouchet (3420 m) und Glacier du Bouchet vom Col du Bouchet (2985 m). In der Schulter rechts oben endet die 4-SB Bouchet auf 3230 m. Der felsdurchsetzte Hang darunter war 2002 noch eine fast glatte Gletscherfläche.Vergleichsbild 2003
Pointe Bouchet (3420 m) und ehemalige Piste "Pierre Lory" im Zoom, März 2003. Im Jahr 2012 ist dieser Gletscherhang komplett von Felsen durchsetzt. Glacier de Chavière und
Glacier de Thorens:
Am Col de Thorens und dem Glacier de Chavière ist es ähnlich. Anstatt des Eisrandes am Col beherrschen riesige Felsen von mindestens einem Dutzend Metern die Szenerie, um die sich die Abfahrt einen Weg bahnen muss und dabei zunehmend in eine schmale Rinne gedrängt wird.
Col de Thorens und 4-SB Col vom Bereich Col du Bouchet aus gesehen. Die Vorgänger-DSB wies noch Gletscherstützen auf... Col de Thorens und 4-SB Col vom Bereich Col du Bouchet aus gesehen im Zoom. Der vergletscherte Bereich unterhalb des Col ist nicht mehr sehr groß, wie man unschwer erkennen kann... Col de Thorens: Frische Gletscherschliffe am südlichen Rand der Piste "Col". Hinten links die Pointe du Bouchet (3420 m), daneben die Pointe de Thorens (3266 m).Auf der Seite des Péclet-Massivs sieht man frische Gletscherschliffe und kann abschätzen um viele Meter in den letzten Jahrzehnten der Gletscher an Masse verloren hat.
Glacier de Chavière vom Col de Thorens. Blick nach Norden zu Aiguille und Roc des St. Pères (vom Rand der Piste "Col"). Die frischen Gletscherschliffe am linken Felsaufschwung zeigen deutlich den massiven Massenverlust des Gletschers in den letzten Jahrzehnten.Der schöne Eisbuckel mit den sichtbaren Spalten unterhalb der Pointe de Thorens und rechts der 4-SB Col ist verschwunden. Zurückgeblieben ist ein großer Felsabsatz. Links davon schimmert noch ein wenig Gletschereis.
4-SB Col und abgeschmolzener Eisbuckel des Glacier de Thorens. Der Felsbuckel in Bildmitte war bei früheren Besuchen von einem spaltendurchsetzten Eisbuckel überzogen. Weiter rechts sieht man noch Gletschereis durchschimmern.4-SB Col Trasse von der Piste „Col“. In der Erinnerung auch hier glatte, weiße Gletscher-/Schneeflächen, heute Felsen noch und nöcher. Die Vorgänger DSB wies einige Gletscherstützen auf.Piste “Col” am Col de Thorens. Diesen ehemaligen Parade-Hang des Skigebietes habe ich viel breiter, „gerader“ und als große, glatte Gletscher-/Schneefläche in Erinnerung. Diese Abfahrt war auch Teil des Sommerskigebietes Glacier de Chavière. Piste “Col” am Col de Thorens im Zoom. Die Abfahrt sieht immer noch gut aus, fuhr sich jedoch vor allem im oberen Bereich nicht so, sondern sehr hart, unruhig, etwas eisig, einige kleinere Steine – also genau wie man sich eine Gletscherpiste nicht vorstellt…Oben am Chavière-Plateau ist die Wirkung geringer. Die Einöde vermittelt immer noch großartige Hochgebirgslandschaft, allerdings wird auch der flache Hauptbereich des Gletschers von Felsen (auf dem Eis wahrscheinlich) in Art einer Mittelmoräne geprägt. Von einer Befestigung/Bergstation des SL Lombarde ist im Bereich der Col-Bergstation nichts zu erkennen. Das Chalet de Polset steht noch.
Es folgt ein kleiner photographischer Rundblick von der Bergstation des 4-SB Col aus:
4-SB Col Bergstation am Glacier de Chavière. Die Vorgänger-DSB (1975-1994) endete noch direkt auf Eisniveau. Rundblick Glacier de Chavière, beginnend im Nordwesten:
Glacier de Chavière vom Col de Thorens. Anfellplatz der Tourengeher am Rande der Piste „Col“, Blick zum Südrücken des Roc des St. Pères. 1992 konnte man hier moch vertikal (sic!) in eine Gletscherspalte steigen!Glacier de Chavière. Blick nach Nordosten (Mont de Gébroulaz 3511 m rechts) und Aiguille Péclet (3561 m links), aufgenommen vom Ziehweg der Piste „Col“, die, wie man unschwer an den Felsblöcken erkennen kann, in diesem Bereich nicht auf Gletschereis verläuft. Die Bergstation des ehemaligen Sommerski-SLtes Polset müsste an einem der Felsen im rechten oberen Bildbereich befestigt gewesen sein.Glacier de Chavière. Blick nach Osten zum Col de Polset (3211 m) links. Auf dem flachen Gletscherfeld verlief der SL Polset von 1975 bis 1991 mit Sommerskibetrieb. Die Felsbrocken im Mittelgrund sind mir früher auch noch nicht in Erinnerung geblieben.Glacier de Chavière. Blick nach Südsüdost zur Talstation des Ex-SL Polset. Auf dem Felsen in Bildmitte steht heute noch das Chalet de Polset, die gemeinsame Talstation der beiden SLte Polset und Lombarde (Rückbringer zum Col de Thorens, stand nur drei Jahre lang 1975 bis 1978).Glacier de Chavière. Blick Richtung Süden zur Pointe Rénod. Rechts außen der Col Pierre Lory mit der klassischen Variantenabfahrt zum Plan Bouchet (KSB Rosael), dahinter die Pointe du Bouchet, auf der linken Bildhälfte die Gletscherbereiche der Pointe Rénod (Nordhänge), auf denen im Val Chavière-Projekt etliche Gletscher-SLte vorgesehen waren. Skitechnisch interessanter als Polset wären sie auf jeden Fall gewesen... Das Chalet de Chavière, die kleine Holzhütte kurz unterhalb der Bergstation Col steht zwar noch, befindet sich aber augenscheinlich nicht mehr im besten Zustand.
Glacier de Chavière. Chalet de Chavière vulgo „Stuttgarter Hütte“ am Rande des „Col“-Ziehwegs und Mont de Gébroulaz (3511 m).Verfallende „Stuttgarter Hütte“ vulgo Chalet de Chavière am Glacier de Chavière. Die Bergstation der 4-SB Col liegt ca. 10 Hm oberhalb. Vergleiche mit März 2003:
Blick zum Col de Thorens März 2003. Es lässt sich eine im Vergleich zu 2012 noch deutlich mächtigere Eisschicht des Glacier Thorens erkennen. Abfahrt Col mit den SBs Col und Moraine März 2003. Piste „Col“ mit Gletscherspalten (oben) im März 2003. Zum Vergleich 2012:
Glacier de Chavière, das ehemalige Sommerskigebiet März 2003 (Aufnahme aus der Nähe der Bergstation 4-SB Col). Zum Vergleich 2012:
Pointe de Bouchet (3420 m) und Skiroute Col de Pierre Lory gesehen von der Bergstation 4-SB Col im März 2003. Zum Vergleich 2012:
Wie für den Chavière-Bereich gilt auch für den
Glacier de Péclet, dass man sich kaum mehr vorstellen kann, dass hier im Hochsommer Skibetrieb geherrscht haben soll, wenn man schon im Winter zur eigentlichen Schneestandhochzeit es mit Mühe für mäßigen Skigenuss reicht. Dies unterstreicht den Eindruck, dass beide Bereiche inzwischen Stiefkinder der Destination geworden sind, für die nicht alles technisch mögliche getan wird um den Gletscherschwund zumindest hinauszuzögern (Vermattungen, Snowfarming, Beschneiung), wie das in den Ostalpen passiert. Beide Bereiche sind eher Angebotsergänzungen (Tourengeher, Freerider) als Hauptangebotselemente. Insbesondere der 3-SB Glacier wird immer mehr zu einem reinen Experten-Lift, wie es der legendäre 3300 gewesen sein muss. Dessen ehemalige Abfahrt macht nun auch im Winter nicht mehr den Eindruck einer für Skibetrieb geeigneten Fläche, zu groß sind die Felsbereiche und zu breit gestreut sind die einzelnen größeren Felsen. In früheren Jahren habe ich mich ja immer gefragt, warum man den Lift nicht wenigstens bei ausreichender Schneelage in den Winter- und Frühjahrsmonaten öffnet, wenn es für Sommerbetrieb schon nicht mehr reicht.
Die Felsinsel der Glacier-Bergstation ragt nun nicht mehr nur wie ein Buckel aus dem Eis, sondern eher wie eine Art Burg, mit spitzen, steilen Flanken. Der Bereich bergwärts gesehen links der Bergstation ist großflächig ausgeapert. Um die Variantenhänge dort zu befahren muss man nun ein gutes Stück Schieben und teilweise aufsteigen. Auch die von der Funitel-Bergstation aus früher gut sichtbaren „Eisbuckel“ mit Spalten sind komplett verschwunden. Der hochalpin-unwirtliche Eindruck dieses Sektors hat sich verstärkt, ideales Skiterrain ist dies kaum mehr zu nennen, obgleich der 3-SB nach wie vor schöne Variantenhänge erschließt und die Abfahrt wohl bisweilen gepflegt wird. Auch im Winter sind die exzellenten Verhältnisse früherer Jahre aber wohl kaum mehr herstellbar. Die Inbetriebnahme zum Saisonstart wird wohl nur mit großem Aufwand und mäßigen Ergebnissen zu bewerkstelligen sein. Damit hat das Funitel Péclet seine einstige Rolle als Gletscher-Zubringer eigentlich verloren: es ist nun Hauptanlage für drei-sechs Abfahrtsvarianten in hochalpinem Ambiente, mehr nicht. Aus heutiger Sicht wäre eine 8-EUB auf der Trasse bestens machbar und mit Sitzplätzen auch deutlich komfortabler für die Gäste. Die neuen Kabinen ab der Saison 2012/13 werden aber denselben Effekt zeitigen.
Hier zunächst ein Überblick des Péclet-Sektors von der Piste „Vires“ aus gesehen (in der Nähe der Bergstation des SL Stade de Slalom):
3-SB Glacier und der gesamte Bereich Glacier de Péclet in der Totalen, gesehen von der Piste „Vires“. Man kann heute kaum glauben, dass hier noch drei zusätzliche Lifte standen und Sommerskibetrieb mit bis zu 1.000 Besuchern pro Tag möglich war.Der Péclet-Gletscher im Zoom von der Bergstation Creux Noirs in Courchevel
Aiguille de Péclet und Glacier de Péclet. Für ein Skigebiet schon eine richtig coole Location, so am Halsgrat dieses riesigen Felsmassivs... Danach dokumentiere ich eine
Fahrt mit der 3-SB Glacier: man weiß ja leider nicht, wie lange diese Anlage noch in Betrieb sein wird.
3-SB Glacier Talstation und Trasse. Rechts davon verlief bis Ende der 1990er Jahre der Gletscher-SL Croissant. 3-SB Glacier Talstation auf 2788 m und nordöstlicher Bereich des Glacier de Péclet, Bereich des ehemaligen SL de la Pointe. In Bildmitte die Piste „Lac Blanc“.3-SB Glacier und nordöstlicher Bereich des Glacier de Péclet (Bereich des ehemaligen SL de la Pointe 1973-1997). 3-SB Glacier Trasse oberer Bereich Überblick. 3-SB Glacier Trasse und ausgeaperter Felsbereich nordöstlich der Bergstation. Ich kann mich noch erinnern, dass sich früher links der Bergstation eine glatte Gletscher-/Schneefläche erstreckte. 3-SB Glacier Trasse und Piste "Glacier" im Profil. Nicht mehr wiederzuerkennen: Früher ein breiter, mäßigsteiler, präparierter Gletscherhang. Heute schmal, bucklig, einige Steine, Eis, nicht mehr gepflegt. 3-SB Glacier Bergstationsbereich und Piste "Glacier", inzwischen schwarz markiert. Die Serpentinen zeigen eindeutig einen Raupenfahrweg zur Bergstation. Während unserer Skiwoche war die Abfahrt dennoch nicht einmal gewalzt. 3-SB Glacier Trasse letzter Aufschwung am Felskopf zur Bergstation. 3-SB Glacier Bergstation auf 3106 m von der Trasse aus (ehemals gemeinsame Stütze mit DSB 3300). 3-SB Glacier Bergstation auf 3106 m am Glacier de Péclet. An der Bergstation 3-SB Glacier Blick den 3300er Hang hinauf. Bis 2003 verlief die DSB direkt über den Kopf des Photographen hinauf zur Gratschulter. Die Felsen in Bildmitte sind seit meinem letzten Besuch "neu" ausgeapert, auch der obere Felsbereich im Hang hat seine Fläche vervielfacht. 3300er Hang, Zoom von der Bergstation 3-SB Glacier (Fundamente sichtbar). Auf dem Felsbereich in Bildmitte stand eine weitere Stütze der 2003 demontierten DSB. Fundament- und Bergstationsreste der DSB 3300 am Péclet Gletscher im ZoomNun einige Photos und Zooms von der Bergstation Funitel Péclet. Dieser Standard-Photostandort sollte Vergleiche besonders gut erlauben
Glacier de Péclet: Blick von der Funitel Bergstation zur 3-SB Glacier und den 3300er Hang. Die Trasse der DSB 3300 verlief von rechts unten bis hinauf zur Gratschulter, wobei ein riesiges Spannfeld bis zur Bergstation der 3-SB Glacier reichte. Glacier de Péclet: Blick von der Funitel Bergstation zur 3-SB Glacier und den 3300er Hang leichter Zoom. Glacier de Péclet. Zoom zur Bergstation 3-SB Glacier und 3300er HangGlacier de Péclet. Zoom zur Bergstation 3-SB Glacier und 3300er HangVergleiche mit März 2003:
Glacier de Péclet mit 3-SB Glacier im Abendlicht im März 2003. Im Vergleich zu 2012 ist die Piste weniger steil und breiter, der Gletscher hat noch deutlich mehr Substanz. Vergleich zu 2012:
Glacier de Péclet mit 3-SB Glacier und 3300-Hang im Abendlicht Zoom im März 2003. Vergleich zu 2012:
Der legendäre Steilhang 3300 im Blick von der Bergstation 3-SB Glacier im März 2003. Im Vergleich zu 2012 sind die Felsen noch nicht so markant hervortretend. Vergleich zu 2012:
3-SB Glacier (Val Thorens) im März 2003Vergleich zu 2012: