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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Sa, 29.10.2016, 15:21 
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Herzlichen Dank für die spannende Reportage! Es dürfte ein wohl einmaliger Ausflug gewesen sein.

Da Du im ersten Beitrag nach dem Jochpasslift gefragt hast, habe ich hierzu die folgenden Angaben:
Nachdem Ernst Constam bereits 1934/1939 und die Oehler & Cie. 1936-1938 mehrfach den Bau eines Skilift vom Trübsee auf den Jochpass (nach ihrem jeweiligen System) vorschlugen, gelang es dem jungen Engelberger Walter Kuster die Skeptiker zu überzeugen. In der Folge wurde der Skilift Trübsee-Jochpass im Jahr 1943 durch Henri Sameli-Huber errichtet. Der Skilift wurde am 18. Dezember 1943 feierlich eröffnet.

Bereits während der Bauzeit hatte die Genossenschaft Jochpass-Lift dem Eidgenössischen Amt für Verkehr die Anfrage für den Betrieb der Anlage im Sommer als Sesselbahn gestellt. In der Folge entwickelte sich ein Streit zwischen dem Amt für Verkehr und dem Kanton Nidwalden, ob die Erteilung einer Konzession für Sesselbahn in der Kompetenz des Bundes oder der Kantone liege. Unbestritten war, dass Pendelbahnen, Zahnradbahnen und Standseilbahnen in der Hoheit des Bundes lagen, während Skilifte und Gehlifte in die Kompetenz der Kantone fielen. Dem Amt für Verkehr ging es primär darum, die Konzession auch für Sesselbahn zu behaupten, um damit deren Realisierung in der Schweiz zu verhindern. Bereits früher (vermutlich um 1940) wollte die Oehler & Cie. nach amerikanischem Vorbild in der Schweiz Sesselbahnen bauen, wurde aber vom Amt für Verkehr jeweils abgewiesen.

Auf die Sommersaison 1944 startete die Genossenschaft Jochpass-Lift einen weiteren Versuch. Der Vorstand bat das (zuständige) Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement und den Kanton Nidwalden gleichzeitig, gemeinsam in einen Versuchsbetrieb mit 16 Sesseln einzuwilligen. Damit könne die Rechtsfrage (Zuständigkeit für die Konzession) später entschieden werden. Bund und Kanton waren damit einverstanden. Nachdem der Jochpasslift seit dem 15. Juli 1944 mit Gehbügeln den Sommerbetrieb aufgenommen hatte, wurde er ab dem 1. August 1944 mit 16 Sesseln betrieben. Obschon der Zweite Weltkrieg noch um die Schweiz herum tobte, kamen die Gäste in Scharen um mit dieser Anlage zu fahren. Nicht weniger als 6’549 Fahrten wurden alleine im August 1944 registriert! Interessant war die Verteilung auf die Beförderungsmittel. Während die Sessel für 3’419 Fahrten bergauf und 2’847 Fahrten bergab benutzt wurden, wurden die Gehbügel bloss für 283 Fahrten (bergauf) benutzt. Somit stellte die Geschäftsleitung am 15. September 1944 fest, dass es eine grosse Nachfrage bei den Sesseln gäbe, dagegen kaum bei den Gehbügeln. Entsprechend wollten sie für den Sommer 1945 bereits 60 Sessel montieren.

In der Zwischenzeit war die Frage der Zuständigkeit (mehr oder weniger) geklärt worden. Diese sollte beim Bund liegen. Dieser tat sich aber mit diesem System immer noch sehr schwer. So hatte der Verantwortliche der technischen Abteilung des EPED am 15./16. August 1944 den Jochpasslift besucht und kam zu einem vernichtenden Urteil. Er stellte in einem Gutachten fest, dass er persönlich „einige Mühe habe, diese Installation als seriöse Transportmöglichkeit anzuerkennen. Aus technischer Sicht ist die Anlage sehr primitiv gebaut und man weiss kaum, wie auf einer solchen die Sicherheit aufrechterhalten werden kann.“ Es könne zwar nicht geleugnet werden, dass sich die Sesselbahn eines regen Zustroms erfreue, doch würden „diese Touristen nur wegen eines Snobismus gehen, sozusagen wie bei einer Modeattraktion, weil es sich um die erste derartige Anlage in der Schweiz handle“. Für Alte, debile, gebrechliche oder mit Schwindel behaftete Menschen sei sie aber ungeeignet. So zieht er als persönliches Fazit: „Dieses Transportmittel entspricht keinem praktischen Bedürfnis.“

Immerhin wurde der Probebetrieb auch für den Sommer 1945 vorläufig bewilligt. Parallel dazu arbeitete das Amt mit der von Roll zusammen, welche das – in den Augen der Behörde wesentlich sicherere – System VR 101 entwickelt hatte. Entsprechend sah das Amt vor, dass in der Schweiz ausschliesslich kuppelbare Sesselbahn gebaut werden dürften, während fixgeklemmte Kombilifte wie am Jochpass als zu unsicher beurteilt wurden und deshalb nicht bewilligt werden dürften. Gegen dieses Vorhaben beschwerten sich im Laufe der Monate 1944/45 zahlreiche Unternehmen. Allen voran Henri Sameli-Huber, sowie die Maschinenfabrik Bell in Kriens (seit Jahrzehnten ein renommierter Standseilbahnhersteller) und die Skilifte Stoos-Fronalpstock AG, welche ebenfalls einen Sesselbahnbetrieb im Sommer einrichten wollten, sowie die Genossenschaft Jochpass-Lift und die Schweizer Reisekasse. Dieser Protest führte dazu, dass der Bund im Herbst 1945 entschied, künftig beiden System – fixgeklemmten Constam-Sesselbahnen und kuppelbaren von Roll-Anlagen – die Konzession zu erteilen. Von da an etablierten sich über Jahrzehnte beide Systeme parallel.

Somit kam der Jochpasslift „erst“ 1944 in Betrieb. Wenn die Sesselbahn Ráztoky-Pustewny in Troyersdorf des Ingenieurs Fratišek Wiesner tatsächlich schon 1940 in Betrieb kam, so dürfte sie die erste Sesselbahn Europas gewesen sein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: So, 30.10.2016, 19:39 
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Interessant. Besonders das mit dem Kombi-Lift ESL + Bügel im Sommerbetrieb :)

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Sa, 26.11.2016, 16:19 
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Steinlimi hat geschrieben:
Da Du im ersten Beitrag nach dem Jochpasslift gefragt hast, habe ich hierzu die folgenden Angaben:

Sehr interessant, vielen Dank dafür!

Steinlimi hat geschrieben:
Für Alte, debile, gebrechliche oder mit Schwindel behaftete Menschen sei sie aber ungeeignet. So zieht er als persönliches Fazit: „Dieses Transportmittel entspricht keinem praktischen Bedürfnis.“

Aber für Gehbügel schon? ;) War aber vermutlich auf Pendelbahnen bezogen.

Steinlimi hat geschrieben:
Somit kam der Jochpasslift „erst“ 1944 in Betrieb. Wenn die Sesselbahn Ráztoky-Pustewny in Troyersdorf des Ingenieurs Fratišek Wiesner tatsächlich schon 1940 in Betrieb kam, so dürfte sie die erste Sesselbahn Europas gewesen sein.

Hier Bilder zum ESL von Wiesner und der zweiten Generation von TC mit den genialen Wagenrädern an der Ausfahrtstütze:
http://www.lanove-drahy.cz/fotogalerie/ ... kofoto.htm
http://www.lanove-drahy.cz/fotogalerie/ ... rafoto.htm


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Sa, 26.11.2016, 22:55 
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Merci für den Link zu Radim´s Bildersammlung. Nun ist mir aber auch klar von wem Graffer seine abgehängten Zweiergruppenrobas und VonRoll die Dreihaxergitterstützen abgekupfert hatte.... :lol:

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Grüße von Markus

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Di, 29.11.2016, 21:57 
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Mist, da wär das eine oder andere interessante Bild für mein Skidesign dabei, gerade wollt ich die Bestellung an Carpani abschicken ..

Petz: Wobei die Wippen hier: http://www.lanove-drahy.cz/fotogalerie/fotky/pustevnystara/pustevnystara15.jpg aber eher wie Leitner: http://ski.inmontanis.info/d/28579-2/P1040198.jpg ausschauen..

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Mi, 30.11.2016, 20:00 
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Leitner baute natürlich auch abgehängte Robas aber die Variante mit alles Zweierrollenuntergruppen
in einer Roba würd ich doch primär Graffer zuordnen wollen... ;D

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: So, 25.12.2016, 16:17 
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Bevor es mit seltenen Sesseln anderer Hersteller weitergeht, bin ich noch ein paar Bilder zu einem der wohl bekanntesten Sessellifte der USA schuldig, dem „Single Chair“ (oder auch schlicht „The Single“ bzw. „Old Faithful“) in Mad River Glen.

Nicht nur der Lift genießt absoluten Kultstatus, das ganze Gebiet ist selbst den meisten Skifahrern an der Westküste bekannt. Warum?

Ein Grund ist das Beförderungsverbot für Snowboarder an allen Anlagen. Ende der 1980er mehrten sich die kritischen Stimmen unter den Skifahrern, die die Snowboarder für Hindernisse hielten, die zudem durch ihr Gerutsche die Schneequalität massiv verschlechtern. Dazu sorgten sie am damaligen flachen Ausstieg des ESL immer wieder für Probleme, weshalb man ein erstes Beförderungsverbot am längsten Lift aussprach. Das sorgte unter den Snowboardern für Unmut, was eine Gruppe junger Wilder dazu veranlasste, die damalige Besitzerin Betsy Pratt bei einem Pressetermin vor laufenden Kameras zu beschimpfen. Betsy war darüber derart erbost, dass sie kurze Zeit später ein komplettes Verbot aussprach. Bis heute ist dieses Verbot immer wieder Gegenstand von Diskussionen, aber am Ende wagt es doch niemand, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Und im Gegensatz zu Alta und Deer Valley in Utah, die einzigen anderen Skigebiete mit einem Verbot von Snowboardern, sah sich Mad River Glen deswegen bisher keinen größeren Rechtsstreitigkeiten ausgesetzt.

Ein weiterer Grund für die Bekanntheit von MRG ist der Status einer Genossenschaft. Betsy Pratt, die 1975 nach dem Tod ihres Mannes Truxton die Führung übernahm und diese Anfang der 1990er abgeben wollte, konnte es sich nicht vorstellen, das Gebiet im schlimmsten Fall an einen Konzern zu verkaufen. Sie suchte fieberhaft nach einer Lösung, den Skifahrern die Eigentümerschaft zu übertragen. Nach mehreren Versuchen gelang es im Jahr 1995 durch die Gründung einer Genossenschaft. Bis heute kann man für USD 2.000 einen Anteil erwerben und damit Teil von Mad River Glen werden.

Aber auch die Eintragung im „National Register of Historic Places“ als einziges Skigebiet (den Antrag mit vielen interessanten Details kann man sich hier durchlesen) trägt weiter zur Bekanntheit bei.

Und am Ende repräsentiert ein einziger Lift all’ das, wofür dieses kleine Skigebiet steht:

Bild

Natürlich ist und bleibt das Ziel, dieses Gebiet im Winter zu erleben. Aber trotzdem war der Besuch im Sommer auch ein Erlebnis. Ich hatte schon Wochen vorher mit dem Gebiet Kontakt aufgenommen, doch wurden meine Anfragen immer wieder mit dem Verweis auf die Homepage abgeblockt - damit hatte ich bei MRG nicht gerechnet. Aber wie so oft zahlte sich die Hartnäckigkeit am Ende aus und ich bekam den persönlichen Kontakt des Marketingleiters und Chefhistorikers. Er konnte mir zwar nicht zusichern, dass es mit einer Fahrt klappen würde, aber immerhin versprach er mir eine ausgiebige Führung.

Die Führung dauerte tatsächlich einen ganzen Vormittag und es erwies sich zumindest dafür als Vorteil, dass ich nicht im Winter gekommen war: selbst die heiligsten Orte, die sonst nur einige ausgewählte Mitarbeiter betreten dürfen, waren für mich zugänglich. So machten wir eine kleine Rundfahrt mit einer Privatseilbahn, die man aus den Reste der Bauseilbahn des ESL zusammengebastelt hatte und die zu einem privaten Chalet führt, das im Sommer nicht bewohnt ist (dort hängt auch noch ein Original Sessel). Außerdem begutachteten wir das berühmte 4-Personen-Pissoir „The Trough“ und schauten im Hinterzimmer des Skiverleihs vorbei - ein Sakrileg im Winter. Ich war so beschäftigt damit, auf alle Details zu achten (und das Gleichgewicht auf der kleinen Plattform der Privatseilbahn zu halten), dass ich von der gesamten Tour kein einziges Foto machte.

Am Ende war noch ein Punkt auf meiner Liste ungeklärt: die Fahrt mit dem Single. Nachdem alle 50 Bundesstaaten abgeklappert und viele, aber bei weitem nicht alle seltenen Anlagen auch im Sommer gefahren werden konnten, war es für mich nach der ausgiebigen Tour und dem besonders netten Empfang keine Frage mehr, ob ich heute noch zum General Stark Mountain hinaufschweben sollte. Doch mein Tourguide war weit weniger optimistisch: die Liftler seien ein ganz eigener Schlag und ihre Reaktion unvorhersehbar. Er gab mir allerdings sein Ok, sie im Zweifel auch zu bestechen, und begleitete mich zur Werkstatt an der Talstation des Sunnyside Double.

Bild

Die DSB war einst ein schöner Müller aus dem Jahr 1961, wurde aber leider 1998/99 von CTEC erneuert. In der Halle war der entsprechende Mechaniker nicht zu finden, wir sollten bei der Anfänger-DSB „Practice Slope Chair“ vorbeischauen, ein Müller Bj. 1972. Die letzte Müller-DSB „Birdland Double“ steht etwas oberhalb und ist von der Base aus nicht zu sehen.

Bild

Bild

Leider hat man den beiden Anlagen irgendwann diese wenig passenden Sessel von Borvig verpasst. Aber wir waren nicht wegen der Müllers hier sondern um den Chefmechaniker zu einer Liftfahrt zu bewegen. Doch leider war absolut nichts zu machen. Was auch mein Guide nicht wusste: die Behörde genehmigt nur einige wenige Betriebstage im Sommer und außerhalb dieser Tage darf keine Privatperson mit dem Lift fahren. In anderen Gebieten war und wäre das nur selten ein wirkliches Problem, aber hier nahm man es sehr ernst und so musste ich diese Entscheidung wohl oder übel akzeptieren. Ich durfte allerdings noch einen Blick in den Antriebsraum werfen und erfuhr, neben vielen anderen Geschichten, dass die Mittelstation des ESL ihren eigenen Facebook-Account hat (https://www.facebook.com/midstation.singlechair). Der Liftler dort ist auch ein MRG-Urgestein mit seinen ganz besonderen Eigenheiten.

Bild

Doppelmayr-CTEC hat bei der Modernisierung auf die alten Stützen und Teile der alten Bergstation zurückgegriffen, der Rest ist neu. Auch das CTEC-Herstellerschild hat man an die Talstation geklebt. :evil: Aber immerhin dreht sich der 1,6 km lange ESL nun noch einige Jahre weiter, sonst wäre hier am Ende eine Standard-DSB oder 3SB gestanden.

Viele weitere Infos gibt es in zwei Videos auf Youtube:





Am Ende des Tages erreichte mich dann eine E-Mail mit einer positiven Nachricht aus einem anderen Skigebiet in Neu England: man würde „The Duck“ für mich anschmeißen. Aber dazu später mehr...


Zuletzt geändert von téléski am Di, 14.04.2020, 17:18, insgesamt 2-mal geändert.
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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Di, 03.01.2017, 7:47 
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Boah, was für eine Enttäuschung (nicht mit dem ESL fahren zu dürfen). Und für uns Mitleser gleich eine doppelte, weil:
Zitat:
dass ich von der gesamten Tour kein einziges Foto machte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Mi, 04.01.2017, 8:51 
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starli hat geschrieben:
Boah, was für eine Enttäuschung (nicht mit dem ESL fahren zu dürfen). Und für uns Mitleser gleich eine doppelte, weil:
Zitat:
dass ich von der gesamten Tour kein einziges Foto machte.

Kann ich verstehen, das große Pissoir lässt man sich nur ungern entgehen. Zum Glück gibt es für so gut wie jedes Thema im Netz eine eigene Seite und man kann sich den Trog in seiner ganzen Pracht hier anschauen: http://urinal.net/mad_river/

Ansonsten wäre die Wall of Fame noch ein weiteres Highlight gewesen. Hier die zwei besten Bilder mit dem berühmten Bumper Sticker:
http://www.alpinezone.com/content/wp-co ... /mrg_2.jpg
https://scontent-frt3-1.xx.fbcdn.net/v/ ... e=58DBCF7F
Falls die jemand toppen möchte, ich habe eine Ladung von den Aufklebern mitgenommen. ;)


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Mi, 04.01.2017, 13:38 
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Also der No Diving - Shallow Water Sticker am Urinal hat ja schon auch was :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Do, 05.01.2017, 3:44 
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Die Faszination des Urinals erkenn ich zwar nicht so ganz, aber primär meinte ich egtl. das Abenteuer mit der kleinen Privatseilbahn ;)

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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Do, 05.01.2017, 10:05 
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starli hat geschrieben:
Die Faszination des Urinals erkenn ich zwar nicht so ganz, aber primär meinte ich egtl. das Abenteuer mit der kleinen Privatseilbahn ;)

Da kam halt leider dazu, dass sich der obere Teil auf Privatbesitz befindet und man von dort keine Bilder im Netz haben möchte. Unten sah es aus wie eine gewöhnliche Materialseilbahn.

Zum Ausgleich erlaube ich mir einen kurzen thematischen Abstecher, da sich das folgende Privatskigebiet, Cosmic Hill, nur wenige Kilometer von MRG entfernt befindet. Hier waren Bilder erlaubt, da der Besitzer auch einen eigenen Youtube-Kanal betreibt.

Vor der Recherche zu interessanten Zielen in Neu England war ich der Meinung, dass es dort vor stillgelegten Skiliften nur so wimmeln müsste, schließlich ist die Region der Ursprung der LSAP-Bewegung. Es gibt auch den ein oder anderen Schlepp- oder sogar Sessellift, der komplett zugewachsen vor sich hin rostet, aber der Großteil der aufgegebenen Gebiete waren eher die klassischen Rope Tows, die früher in fast jedem kleinen Ort zu finden waren. Dazu kommt das bekannte Problem in den USA, dass die Anlagen so gut wie immer auf Privatgelände stehen und damit ein Besuch nur mit Genehmigung möglich ist. Im Verlauf der Jahre habe ich mir eine gute Taktik angeeignet, um die Besitzer ausfindig und damit einen Besuch möglich zu machen. Aber es gibt trotzdem Fälle, wo es schlicht unmöglich ist. So habe ich bei einem Kaffee den guten Rat von einem anderen LSAP-Interessierten bekommen, es bei einem stillgelegten SL in New Hampshire erst gar nicht zu versuchen, da ihm dort erst kürzlich der Besitzer mit entsichertem Gewehr entgegen kam.

Bei Cosmic Hill war es zum Glück etwas einfacher und weniger gefährlich. Zwar reagierte der Besitzer nicht auf meine Mails, aber nach einem Anruf von meinem US-Handy nahm er ab und bat er mir eine Tour an. So trafen wir uns wenige Tage nach meinem Besuch in MRG vor seinem Haus, wo man direkt von dem alten Müller begrüßt wird.

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Der Platz in der Hängematte ist natürlich der perfekte Ort im Sommer, den würde ich auch nehmen. Nach einem Kaffee, bei dem ich natürlich erst erklären musste, warum ich wegen alter Skilifte um die Welt reise, begannen wir mit der Tour. Zur Talstation sollte es allerdings nicht gehen, da der Hang nicht gerodet war. Dabei sollte dort eine recht eigenwillige Konstruktion stehen...

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Zu Beginn probierte es der Besitzer mit einem Seillift, bis er von einem Bekannten erfuhr, dass ein kleines Skigebiet in New Hampshire einen alten SL zu verkaufen hat. Es war nicht ganz einfach, den SL zu transportieren. Aber hier fährt nicht jeder einen Smart und so hatte man auch dieses Problem irgendwann gelöst.

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Der Lift besitzt eine interessante Trasse und macht auf etwas mehr als 250 Meter gut 50 Höhenmeter. Nach einiger Zeit konnte ich den Besitzer dann dazu überreden, mit mir zur Talstation zu laufen.

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Bild

Wir kämpften uns durch das Grünzeug nach unten, auf dem Weg bekam ich noch die Entwicklung der Beschneiung des Gebietes erzählt. Tatsächlich gibt es im Wald einen eigenen „Speichertank“, beschneit wird mit selbstgebauten Lanzen (zu sehen auf dem ersten Bild links), mit denen der Besitzer auch handelt.

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Interessante Konstruktion, mehrfach an den Bäumen abgesichert.

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Und dann war die Tour auch schon vorbei. Wäre der Hang in einem befahrbaren Zustand gewesen, hätte ich mit den italienischen Retro-Grasski des Besitzers noch eine Fahrt unternehmen können.

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Hier noch ein paar Videos:





Winterbericht: viewtopic.php?f=8&t=4006


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: Do, 05.01.2017, 19:36 
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Registriert: Sa, 05.02.2011, 11:09
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Wow. spannende Anlage, dieser "Cosmic Hill"... Das Seil hängt ja brutal durch, und diese Aufhängung an den Bäumen... Beim Lesen bin ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass es sich um ein LSAP handelt. Dann kam das aktuelle Video... :lol:

Wie wird das denn betrieben, rein fürs Privatvergnügen oder öffentlich mit Ticketverkauf etc? So was wäre doch "nicht mal" in der Schweiz möglich, bei dem Zustand vom Lift. Aber dafür wird man an anderen Anlagen mal potentiell erschossen. Es ist eben doch eine etwas andere Mentalität dort :shock:


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: So, 08.01.2017, 16:38 
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Registriert: Do, 17.03.2011, 20:54
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Schwoab hat geschrieben:
Wie wird das denn betrieben, rein fürs Privatvergnügen oder öffentlich mit Ticketverkauf etc?

Rein privat. Aber gerade bei Neuschnee muss der Besitzer oft genug Leute vertreiben (beim ersten Mal ohne Gewehr 8) ).


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 Betreff des Beitrags: Re: Seltene Sessel
BeitragVerfasst: So, 12.02.2017, 17:37 
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Wenn wir schon bei Schleppliften sind, so gibt es gerade in Neu England natürlich noch die klassischen Hall Teleskoplifte. Im Rahmen der Kooperation zwischen PHB und Hall wurden davon auch einige wenige Anlagen in Deutschland errichtet, durchsetzen konnte sich dieser Typ hier allerdings nie. Im Endeffekt gleicht das Teleskop dabei der Stange eines Übungs-SSL, nur das am Ende kein Teller sondern ein T oder ein zu einem J gekrümmtes Rohr befestigt ist (letzteres könnte es auch in Europa geben). Früher war das Teleskop dabei fest mit dem Gehänge verbunden, heute wird teilweise, wie bei KSSL auch, mit eine Feder im Inneren der Stange gearbeitet.

Die Cochran Familie, in Neu England eine Institution und sicher auch hier einigen bekannt (z.B. Kitzbühel 1973), betreibt in Vermont einen Einzellift mit weiteren Übungsliften. Auf Anfragen reagierte man dort nicht und so fuhr ich einfach vorbei, um vom Parkplatz aus ein paar Bilder zu machen (es fehlten zwar die üblichen Schilder, aber das Gebiet liegt hinter dem Privathaus der Familie und so wollte ich nicht einfach das Gelände unsicher machen).

Bild
Klassischer Hall T-Bar, Gebrauchtanlage, 1978 hier installiert

Bild
Antrieb und Strecke

Winterbericht: reportagen-f8/ski-the-east-t4006.html

Aber es hat auch hier einige seltene Lifte und Hersteller gegeben, wie z.B. J. W. Penney & Sons, ein Maschinenbauer aus Maine. Zwei Penney-Lifte, die auch gerne mit Hall verwechselt werden, stehen noch, waren allerdings sehr lange nicht mehr in Betrieb. Die Geschichten der jeweiligen Skigebiete sind dabei typisch für die Region: klein, dem volatilen Wetter ausgesetzt, finanziell sehr schwach ausgestattet, mit Hilfe von Spenden wieder den Betrieb für eine Saison gerettet oder sogar eine Gebrauchtanlage finanziert (die dann aber aus Geldmangel nicht aufgestellt werden kann), immer auf der Suche nach einem Investor, etc.. Missmanagement ist auch oft ein Thema, teilweise wird auch mit nicht ganz legalen Mitteln gearbeitet (-> Jay Peak). Lost Valley ist eben so ein Gebiet, wo man den Betrieb lange Zeit gerade so aufrechterhalten konnte. Zehn Jahre nur Verlust gemacht, dann mit einer Spendenkampagne den Betrieb für einen Winter gesichert und anschließend verkauft. Der neue Besitzer betreibt ein Unternehmen für Werkstoffprüfungen von Liftanlagen (hier NDT - non destructive testing genannt) und kommt somit aus der Branche. Vom Pistenplan ist der SL bereits verschwunden, werden die Abfahrten auch von einer der beiden Hall DSB bedient. Laut Aussage der Mitarbeiter, die hier überaus freundlich und aufgeschlossen waren, wird sich daran vermutlich auch nichts mehr ändern. Der Lift sei in keinem guten Zustand und die Trasse den Anfängern zu steil, zudem schwer zu präparieren. Ganze 70 Höhenmeter macht der 1962 gebaute Schlepplift, wie auch die beiden Sesessellifte.

Bild
Talstation, unten liegen die Teleskopstangen. Links ist mit einer Hüpfburg der „Sommerbetrieb“ zu erkennen.

Bild

Bild

Bild
Die Vögel sind auch schon eingezogen. Nach der zweiten Stütze folgt das angesprochene Steilstück, danach läuft es flach aus. Aus Zeitmangel bin ich nicht hochgelaufen.

Und hier zum Abschluss noch ein Neu England Klassiker, der alte T-Bar der Veterans Memorial Ski Area: http://www.nelsap.org/nh/midstationbig.jpg Davon gibt es auch ein Video, jedoch ist die Bildqualität sehr schlecht (für den kernigen Sound reicht es). Ich wollte mir den Lift aus der Nähe anschauen und war zwei Mal in der Ecke gewesen, jedoch gab es beide Male so viel alternatives (=fahrbares) Programm, dass es für einen Abstecher nicht mehr reichte.



Aber nun wirklich zurück zum Thema. Ein Jahr zuvor war ich Ende März zwischen Colorado und Kalifornien unterwegs. Ursprünglich war geplant, mit ein paar Skitagen in Telluride zu starten, aber auf Grund des schneearmen Winters und einer relativ schlechten Wettervorhersage wurde der Plan kurzfristig geändert. Im Nachhinein betrachtet sicher die richtige Entscheidung, auch wenn dadurch zwei mittlerweile relativ seltene Sessel von Ski Lift International nicht gefahren werden konnten. SLI baute von 1965 bis zum Verkauf an Riblet 1973 insgesamt 46 Schlepp- und Doppelsessellifte, von denen heute noch zwischen 15 und 20 in Betrieb sein müssten.

Das Alternativprogramm sah nun vor, einige der Gebiete rund um Breckenridge abzugrasen. Nach einer Nacht in der „Mile-High City“ Denver ging es mit dem Ratschlag einiger Locals in die Berge, auf alle Fälle den legendären Pali zu fahren, denn das sei einer der letzten richtigen Lifte, truly iconic sozusagen. Also ging es über den Loveland Pass zum kleinen Skigebiet Arapahoe Basin.

Geht man nach dem Schema der hier bisher gezeigten Liften, wäre die Anlage nicht wirklich als „selten“ zu bezeichnen. Den Hersteller gibt es zwar nicht mehr, aber die Lifte sind über das ganze Land verteilt noch häufig anzutreffen. Selten könnte man eher auf die Tatsache beziehen, dass es nur wenige Lifte zu einem derartigen Bekanntheitsgrad bringen. Die nach dem österreichischen Bergsteiger benannte Yan/Lift Engineering-DSB Pallavicini wird allerdings in Kürze ersetzt und bietet auf Grund der in Teilen recht steilen Trasse auf den schmalen Sitzen ohne Schließbügel eine interessante Auffahrt. Dazu kann man die Locals beobachten, wie sie sich an den steilen Hängen über Moguls und durch Chutes mit so interessanten Namen wie Rock Garden und Pali Face stürzen. Für mich Groomer mangels entsprechenden Fähigkeiten absolut uninteressant.

Arapahoe Basin wurde 1946 mit einem Seillift gegründet, der einige Abfahrten im oberen Bereich erschloss. Da dieser per Lift erreichbar war, wurden nur ein Jahr später von Bob Heron und seiner neu gegründeten Firma Heron Engineering die ersten beiden Zweiseil-ESL konstruiert und von AS&W gebaut. Das gleiche Design nutzte Heron auch bei den beiden ESL in Aspen (No. 1 und No. 2), die allerdings deutlich bekannter sind und bei denen von der ersten Sektion, die man angeblich später von zwei auf ein Seil umgerüstet hat, sogar noch die Talstation mit den ersten beiden Stützen in einem Park von Aspen ausgestellt wird.

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So sah der ESL in A-Basin aus.

Anfang der 1950er Jahren baute Poma hier seinen ersten KSSL in Nordamerika, vier weitere sollten folgen. 1974 wurde der obere ESL durch eine DSB von Heron-Poma ersetzt (Heron Eng. hatte 1970 mit Poma fusioniert). 1978 bekam das Gebiet einen neuen Inhaber, der von Yan insgesamt vier neue Sessellifte bauen ließ und damit den letzten ESL ersetzte. Für das Gebiet begann ein neues Zeitalter, was sich auch in den deutlich erhöhten Besucherzahlen bemerkbar machte. 2001 wurde die DSB von Heron-Poma durch eine Poma-3SB ersetzt. Erst 2002 nahm man eine Beschneiungsanlage in Betrieb und erweiterte 2007 das Gelände um 80 % durch die Erschließung des Zuma-Sektors. 2010 kam dann die erste und bisher einzige kuppelbare Anlage, eine Leitner-Poma KSB. Im Rahmen des Entwicklungsplanes werden die drei verblienen Anlagen von Yan verschwinden, wobei der Übungslift Molly Hogan und Pallavicini ersetzt werden, Norway entfällt ersatzlos.

Von der ersten Fahrt mit Pali gibt es keine Bilder, ich war mit Festhalten beschäftigt. :lol: Danach ging es über die präparierte Piste wieder runter „ins Tal“ auf 3.286 m. Der Schnee war ein Traum: leicht, gleichzeitig griffig und trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit in einem perfektem Zustand. Als nächstes ging es mit dem High Speed Quad wieder nach oben. Hier wird das wörtlich genommen, die Anlage müsste am Anschlag gelaufen sein. Schließbügel natürlich wieder offen und alle hängen so lässig wie möglich im Sessel.

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Den Anblick dieser höhenverstellbaren Yan-DSB wird es wohl nicht mehr so lange geben, der Lift ist bald fällig. Für mich allerdings mit das schönste Liftdesign überhaupt.

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Und dann dieser Minimalismus bei den Stützen. Was man nicht zwingend braucht, lässt man weg (und spart dadurch natürlich Geld). Wenn man verwöhnt ist, wird man hier nicht glücklich. Die Lifte sind langsam und besonders groß ist es hier auch nicht. Aber der Schnee ist, obwohl es eine sehr schlechte Saison war und wir schon in der Nachsaison sind, immer noch ein Traum. Ich mache mich wieder auf den Weg nach unten, lasse es ein wenig laufen. Dort angekommen, hämmert es in meinem Kopf. Die Höhe fordert ihren Tribut, das sollte ich auch in den nächsten Tagen merken. Die Schmerzen lassen schnell wieder nach, aber viel ist heute nicht mehr zu holen. Ich genieße noch ein paar Abfahrten in der Montezuma Bowl und nehme mir dann wieder Pali vor.

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Auf ca. 1000 m Länge geht es hier knapp 400 m nach oben, das sind die nüchternen Fakten.

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Die „legendären“ Steilhänge

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Natürlich war es nicht der erwartete, extrem seltene Sessel. Aber durchaus eine spannende Anlage. Für den nächsten Tag nahm ich dann Loveland mit ins Programm, das ich schon auf dem Weg hierher gesehen hatte. Es ist das erste größere Skigebiet, wenn man von Denver auf der I-70 in die Rocky Mountains fährt, wird aber gefühlt von vielen auf Grund der größeren Namen wie Vail, Breckenridge und Aspen gemieden. Es hat sicher nicht das entsprechende Gelände wie z.B. die East Wall in A-Basin, aber es bietet auf einer Höhe von 3.292 m bis 3.966 m (dabei bis 3.871 m durch Lifte erschlossen - nur in Breckenridge kann man mit 3.913 m noch einen höheren Punkt mit einem Lift erreichen) viele entspannte Abfahrten und ganz gute Aussichten. Wenn man also eine Ski Area einem Ski Resort bevorzugt und gemütliches Carven sucht, macht man hier nicht viel falsch. Es geht aber auch anders:



Die Geschichte von Loveland liest sich dabei ähnlich wie die von A-Basin: 1936 begann man die Erschließung mit Seilliften, dann baute Heron zwischen 1955 und 1975 insgesamt fünf Doppelsessellifte. In den 1980er Jahren startete man die erste Modernisierung durch den Ersatz der Heron-Lifte. Zu dieser Zeit setzte man auf Yan. Wieder 10 Jahre später wechselte man zu Poma/Leitner-Poma. Seit 2013 gibt es einen Plan für die nächste Ausbaustufe, der 2015 teilweise schon umgesetzt wurde.

Zu meiner Enttäuschung musste ich vor Ort feststellen, dass die alte Heron-Poma-DSB Chair/Lift 5 (ursprünglich wurden die Lifte nach ihrem Baudatum durchnummeriert), die das Anfängergebiet Valley mit dem Hauptgebiet Basin verbindet, seit ca. 10 Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Stattdessen setzt man einen kleinen Shuttlebus ein. Und auch der kultige Chair 4, eine Heron-DSB von 1965, musste 2011 bereits einer neuen Anlage von Poma weichen. So sind hier die ältesten Anlagen alle von Yan und damit (noch) alles andere als selten.



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Auf dem Parkplatz ist die Verbindungs-DSB noch zu sehen. Einer der Unterschiede zwischen Heron und Heron-Poma ist das Stützenjoch, welches etwas massiver ausgeführt wurde.

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Zwei Anlagen von Yan im Einstieg zum Skigebiet. Wie man links sieht, sind steile Yans keine Seltenheit.

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Wenn überhaupt, dann war diese Yan-DSB noch die seltenste Anlage hier

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Blick auf die Hänge von der anderen Seite mit den für die hiesigen Skigebiete so typischen Layout

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Ausblick auf fast 3.900 Metern: hochalpin fühlt sich hier anders an. Man sieht auch, dass sich die meisten Skifahrer bei solchen Verhältnissen nicht hier hoch bemühen - auch der eiskalte Wind, wie sind hier direkt an der Continental Divide, tut sein übriges. Mittig links sind die I-70, das Anfängergebiet und die Schneise der Verbindungs-DSB zu erkennen.

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Mit diesem Pomalift gab es dann noch eine kleine Überraschung, leider aber auch schon länger nicht mehr in Betrieb.

Ein weiterer toller Skitag, aber der erhoffte seltene Sessel blieb immer noch aus. Für den nächsten Tag hatte ich einen Gutschein meines Vermieters bekommen, es ging nach Breckenridge. Eigentlich wollte ich noch das ein oder andere kleine Skigebiet anfahren, aber die Aussicht auf einen autofreien Tag - die Unterkunft lag gegenüber des Skigebiets - und ein paar interessante Lifte, ließen mich meine Meinung ändern. Mittlerweile weiß ich, dass ich mir den Besuch hätte sparen können. Auch ein paar alte Lifte machen so ein Resort nicht besser, auch wenn man sich über die Hälfte der eigentlichen Tageskarte von damals 150 Dollar sparen kann.

Breckenridge öffnete 1961 erstmals für den Skibetrieb und wurde anfangs von Riblet Anlagen dominiert. Mittlerweile ist man auf Poma/Leitner-Poma umgestiegen und besitzt mit dem Imperial Express SuperChair den höchsten Lift in Nordamerika.

Es hatte über Nacht Neuschnee gegeben, ich war gespannt wir sich das hier anfühlt. So ging es mit dem Skibus zur Idalpe von Breck, erstmal Ski leihen. Im Gegensatz zu A-Basin und Loveland war das Material hier etwas moderner und besser gepflegt, aber immer noch vollkommen überteuert. Auch lief der Verleih hier professioneller ab, die Dudes konnten auf Dauer doch ziemlich auf die Nerven gehen. Danach parkte ich noch ein paar Sachen im Schließfach, natürlich auch wieder kostenpflichtig, und machte mich auf den Weg zum Colorado SuperChair, der gefühlt schnellsten 6-KSB meines Lebens. Ich stand in der Schlange ganz vorne mit zwei Locals, wir hatten ein ganz nettes Gespräch zu meinen bisherigen Skitagen. Als der Liftler den Start verkündete, gab mir einer der beiden Typ einen Stoß mit, der mich zur Seite kippen ließ, und schob sich lachend zum ersten Sessel. Es war zwar mehr als genug Neuschnee für alle da, aber auch hier gilt wohl das bekannte Motto „NFOPD“.

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Bei der zweiten Auffahrt, breiteste Pistenautobahnen

Die meisten Skifahrer hatten nun ein Ziel: die Hänge rund um den Kurvenschlepplift, den man hier einfach T-Bar nennt. Und damit wären wir schon bei der ersten Besonderheit von Breckenridge. Kurven- oder Dreieckslifte sind in den USA nicht gerade häufig anzutreffen, ein DM-Lift im Pomaland auch nicht. Leider gab es nur ein Problem: die Ski Patrol war anscheinend mit nur einem Team im Gebiet und brauchte eine gefühlte Ewigkeit, um das Gelände freizugeben. Das sorgte für Unmut unter den Skifahrern, die sich bei den Preisen zurecht darüber beschwerten, wie lange es hier immer dauert, bis alle Lifte geöffnet sind. Selbst am frühen Nachmittag schaufelten ein paar Liftdudes noch gemütlich einige Sessel frei.

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Ich fuhr nach und nach weite Teile des Gebiets ab, sofern die entsprechenden Lifte geöffnet wurden. Irgendwann wurde dann auch der Schlepplift freigegeben.

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Panorama von der Bergstation des SL auf über 3.500 m: sieht ein wenig aus wie ein Mittelgebirge.

Tatsächlich stehen auch noch ein paar ältere DSB und eine 3SB von Riblet in Breck, eine davon sogar mit einer leichten Kurve mit Hilfe schräger Rollen. Obwohl relativ viel los war, waren nicht alle in Betrieb. Man könnte den Leuten auch gleich das Geld abnehmen und keinen einzigen Lift öffnen.

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1972 Riblet C-Chair

Am Ende kam ich dann doch noch an einem seltenen Sessel vorbei, der 1996 von Poma gebauten Zwirbelkurven-DSB Snowflake. Die talfahrenden Sessel drehen hier allerdings nicht über der Kurve sondern über zwei separate Umlenkungen (statt einer) außerhalb. In den USA hält man die Anlage für einzigartig, mir ist dort auch kein anderer Sessellift mit einer solchen Kurve bekannt. Prädikat daher: selten, mit Einschränkungen.

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Auf dem Weg zur Kurve, links die erste Umlenkung, hinter der eigentlichen Kurve die (reguläre) zweite

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Und von der anderen Seite

Gibt es auch mit bewegten Bildern:



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Zum Abschluss noch der Blick in eine Geländerkammer am Schlepplift.

Wie schon erwähnt, fiel das Fazit eher ernüchternd aus. Ich kann mich grundsätzlich nicht mit solchen Gebieten anfreunden, daran ändert auch die hier eher entspannte Stimmung nicht viel. Durch Zufall bekam ich im Verlauf des Tages von einem anderen Skifahrer den Tipp, dass es weiter südlich in New Mexico immer noch sehr gute Bedingungen geben sollte. Da ich sowieso genug hatte von der Höhe und ihren Folgen, klang das nach einer guten Alternative. So packte ich noch am späten Nachmittag meine Sachen und machte mich auf den Weg ins 400 km entfernte Städeli-Paradies Taos.

Fortsetzung folgt.


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