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BeitragVerfasst: Mo, 12.05.2008, 13:46 
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Pitztaler Variationen (9. bis 11. Mai 2008)

Einleitung

Nach meinem Kurzausflug zum Stubaier Gletschergebiet (Klick) verbrachte ich den Nachmittag gemütlich im Schanigarten eines Cafès am Innsbrucker Hauptbahnhof. Kurz nach 16h00 traf ich mich dann dort mit meinem Kletterpartner Gerhard und wir fuhren weiter ins Pitztal, das wir als Ausgangspunkt für diverse Ski- und Bergtouren während des Wochenendes ausgewählt hatten. Die Quartiersuche stellte sich gar nicht so einfach dar. Viele Hotels und Pensionen hatten bereits geschlossen – obwohl noch bis 18. Mai Skibetrieb herrscht.

Letztlich wurden wir fündig und konnten dann am nächsten Morgen von unserem Zimmerbalkon aus den Blick auf den noch tief verschneiten Mittagskogel im Talschluss genießen.

Morgenstimmung am Mittagskogel – Pitztal
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Teaser

Wildspitze: Über dem Trampelpfad auf Tirol Höchstem

Blick auf die Wildspitze (3768m)
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Wildspitze-Nordwand: Der längste Tag

Im Blankeis der Nordwand
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Linker Fernerkogel: Firngenuss auf Traumhängen

Nordhänge des Linken Fernerkogels (3279m)
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BeitragVerfasst: Mo, 12.05.2008, 17:17 
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Wildspitze: Trampelpfad auf Tirols Höchsten

Am Freitag stand ein „Pflichtprogramm“ an der Tagesordnung. An sich bin ich kein Gipfelsammler, aber seitdem ich den höchsten Berg von Wien erklommen habe, möchte ich nun doch alle „Nine Summits of Austria“ tun. Also „muss“ ich auf die Wildspitze und der Winter ist hierfür sowieso die beste Zeit.

Als Aufstiegshöhenmeterminimierer wird natürlich die Variante mit Seilbahnunterstüzung gewählt. Mit der Tunnelbahn und der neuen EUB geht es also sehr rasch aufs Mittelbergjoch, von wo aus unser Ziel seine schöne, weiße Seite zeigt. Hier führt eine kurze, steile Abfahrt über noch hart gefrorenen Schnee runter zum Taschachferner.

Wildspitze vom Mittelbergjoch – ein fast makelloser Gletschergipfel
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Fellanlegeplatz mit Rückblick zur Abfahrt vom Mittelbergjoch
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Natürlich wollten wir nicht nur auf die Wildspitze, unser Ausflug über die Normalroute war gleichzeitig auch „fact-finding-mission“ über die Zustände in den diversen nahe gelegenen Nordwänden. Wir waren nämlich nicht ausschließlich zum Skifahren hier, sondern hatten auch unser Eiszeug im Gepäck.

Der Aufstieg entlang der Normalroute zieht sich ziemlich flach und lang dahin. Es gab nicht einmal eine Spur! Ganz im Gegenteil war eine „richtige“ Piste ausgetreten …
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Eindrucksvoll das Ambiente …
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Nach ca. einer Stunde können wir genauere Einblicke in die Brochkogel Nordwand tun. Schaut gut aus und unter der Gipfel-Eiskalotte ist gerade eine Seilschaft am Werken.

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Wir müssen aber weiter Richtung Wildspitze – noch fehlt ein ordentliches Stück. Immerhin kommt nun die Westseite der Wildspitze – mit den charakteristischen Doppelgipfeln – in das Blickfeld.
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Während des monotonen Steigens bleibt genug Zeit um die Verhältnisse in der Nordwand des Wildspitze-Vorgipfels (3686m) zu studieren (bei der Abfahrt probiere ich dann eine Befahrung, quere aber wegen Blankeis und offenem Bergschrund wieder zurück zur Normalroute).

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Endlich erreichen wir das Skidepot und können uns auf dem Weiterweg zum Gipfel machen.
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Überraschenderweise haben sich die „Massen“ durch unterschiedliche Aufstiegsgeschwindigkeiten gelichtet und wir erreichen ohne Stau den Gipfel. Für kurze Zeit sind wir sogar die Einzigen beim Gipfelkreuz.

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Dort können wir die Aussicht genießen, die allerdings an der Wildspitze darunter leidet, dass man nur Berge sieht und kein einziger Talblick möglich ist.

Blick nach Nordwesten
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…nach Nordosten
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Blick nach Süden zum Alpenhauptkamm – mit interessanten, fast schon sommerlich anmutenden - Quellwolkenformationen
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Nach ein paar Gipfelminuten machen wir uns wieder auf den Abstieg … und genießen eine kurze Rast in der eindrucksvollen Hochgebirgskulisse.
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Im Südwesten thront die Weisskugel (3728m)
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Die Abfahrt bietet im Wesentlichen flache Hänge (mit Ausnahme meines kurzen, unvollständigen Abstechers in Vorgipfel-Nordwand), die entlang der „Hauptspur“ pistenähnlich ausgefahren war (die steilere Normalrouten-Abkürzung war verbuckelt und wir ersparten uns daher diese Plackerei).

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Immerhin war ab und an abseits der „Piste“ Platz genug für eigene Spuren im schönen Firn
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Die Gletscherlandschaft ist durchwegs traumhaft – sehr schöne Hochgebirgsstimmung bei Traumwetter …
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Der Gegenanstieg zurück zum Mittelbergjoch (die Taschachroute sind wir wegen Lawinengefahr nicht gefahren) war dann allerdings in der Mittagssonne ordentlich anstrengend …
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und sehr heiss…
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Für den nächsten Tag entschieden wir uns dann die Wildspitze-Nordwand zu probieren. Nicht zuletzt deswegen, da das Gelände unterhalb der Nordwand viele lohnende Abfahrtsvarianten für die Rückkehr ermöglicht.
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BeitragVerfasst: Di, 13.05.2008, 21:28 
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Wildspitze Nordwand: Der längste Tag

Wieder fuhren wir am Samstag mit der ersten Bahn hoch um so rasch wie möglich rüber zum Mittelbergjoch um unseren Anstieg zur Wildspitze Nordwand zu beginnen. Nachdem wir voriges Jahr auf der Oberwalder Hütte (Klick) aufgrund der Verhältnisse nur kleinere Dinge gehen konnten, wird die Tour unsere erste „echte“ Nordwand sein. Aufgrund unserer Aktivitäten im winterlichen Wasserfallklettern befürchten wir zwar keine besonderen klettertechnischen Schwierigkeiten, aber es ist trotzdem eine Reise ins Unbekannte für uns.

Trotz des deutlich schwereren Rucksacks verläuft der Aufstieg viel kurzweiliger als gestern am Normalweg …

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Das Hochwandern in dieser beinah arktisch anmutenden Gletscherlandschaft sorgt immer wieder für schöne Eindrücke …

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Nach knapp zwei Stunden Aufstieg kommen wir in die Nähe des Einstiegs …

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Mittlerweile hat uns während des Aufstiegs eine konditionsstarke Dreiergruppe überholt …

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Und ist bald darauf bereits in der Nordwand unterwegs …

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Wir warten ein wenig und steigen dann etwas links von Dreiergruppe ein. Der teilweise offene Bergschrund ist zum Glück noch problemlos zu überwinden und im anfänglichen harten Firn geht es zügig voran. Als ich die ersten Blankeisstellen erreiche setze ich für alle Fälle eine Eisschraube als Zwischensicherung, da von der Gruppe vor uns, doch einige Eisbrocken in meine Richtung abgehen und ich einmal von einem kleinen Stück am Finger getroffen werde. Ein paar Meter oberhalb der Zwischensicherung merke ich, dass das Steigen mit der Zeit doch recht anstrengend wird und ich mache Stand.

Vom Stand kann ich dann noch kurz rechts oberhalb von mir die Dreiergruppe beobachten bevor sie hinter der konvex gewölbten Wand verschwinden.
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Offensichtlich hielten sie sich dann – entgegen unseren Erwartungen – wieder nach links, denn als Gerhard nachstieg kam ein regelrechter Eisbröckchenhagel die Wand herunter. Aufgrund der konvexen Form der Wand war ich an meinem Standplatz recht sicher, die Eisbrocken zischten – nachdem sie weiter oben Schwung geholte hatten – etwa 2-3 m über/hinter mir vorbei. Das zischende Geräusch, das sich jedes Mal einige Sekunden im Vorhinein ankündigte zehrte jedoch gehörig an meine Nerven.

Der arme Gerhard hingegen musste direkt durch den Hagel durch. Zum Glück wurde er nur einmal ohne Folgen am Helm getroffen.
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Am sicheren Standplatz warteten wir dann eine Weile bis die Gruppe durch die Wand durch war und der Hagel aufhörte. Nun war Gerhard an der Reihe …
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Das Blankeis war ziemlich hart und war interessant anzusehen: Durchsichtiges Wassereis mit styroporkugelähnlichen Schneeeinschlüssen (?). Auf alle Fälle war es anstrengender als erwartet. Die Wand ist zwar vergleichsweise flach (50 Grad laut Führerangaben) und man kann jederzeit nur auf den Steigeisen stehend rasten, aber allein das Einschlagen der Geräte im manchmal auch spröden Eis kostete enorm Kraft und Ausdauer.

Hier sieht man schön das „spiegelglatte“ Eis
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Schon ziemlich ausgelaugt stieg ich dann die dritte Seillänge vor. Zwar hatte ich mir eine lange Seillänge vorgenommen, aber noch weit vor dem Ende der 60m Halbseile war Schluss mit Lustig. Selbst der Standplatzbau kostete einiges an Energie, das Eis war so hart, dass die Eisschrauben nur mit Kraft reingekurbelt werden konnten. Zu allem Überfluss hatte ich dann beim Seileinholen eine gefühlte Ewigkeit mit dem Seilsalat der Halbseile zu kämpfen. Schon bereuten wir, dass wir nicht bloß ein Einfachseil genommen hatten.

In der Wand selbst beschleicht einen doch sehr bald ein eigenartiges Gefühl des „Ausgeliefert Seins“. Gar nicht mal so weit unten sieht man unser Skidepot, an einem benachbarten Grat kann man Bergsteiger erkennen … und doch fühlt man sich irgendwie weit weg. Es gibt keinen einfachen bzw. bequemen Ausgang …

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Mittlerweile war die Zeit schon weit fortgeschritten und wir beschlossen, dass Gerhard mit der vierten Seillänge an den rechten Rand des Blankeisfeldes rauf steigt und wir von dort dann über Firn in die rasch flacher werdende Wand Richtung Nordwestgrat „flüchten“.

Mit der querenden „Fluchtseillänge“ war dann ich wieder dran zum Vorstieg. Im Firnteil stieg es sich gleich um Welten gemütlicher, ein wenig Obacht war jedoch aufgrund der anfangs nur dünnen Firnauflage auf Blankeis dennoch angebracht. Der flache Bereich des Nordwestgrats war dann bald erreicht und wie bestellt fand sich auch ein brauchbarer Felsköpfl zum Nachsichern.

Gerhard bereits wieder im flachen Bereich bei der „Rechtsquerung“ – Nun können wir wieder lachen
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Unverzüglich begannen wir mit dem einfachen Abstieg – die Zeit für die letzte Bahn ins Pitztal war schon knapp und die direkte Talabfahrt über den Taschachferner und das Taschachtal war wieder aufgrund der hohen nachmittäglichen Lawinengefahr tabu.

Abstieg über den Nordwesgrat
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Der weitere Abstieg zum Skidepot unter der Nordwand ging recht zügig vor sich – abgesehen davon, dass ich mir die Spitze der Haue eines Eisgeräts ein wenig in die rechte Brust rammte…

Skidepot unter der Nordwand
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Trotz der Eile war nun die Uhrzeit bedrohlich voran geschritten. Dennoch – und trotz der schweren Rucksäcke – konnten wir die idealen Skihänge unterhalb der Nordwand einigermaßen genießen. Ganz oben fand sich sogar noch so was Ähnliches wie alter, gesetzter Pulver …

Gerhard bei der Abfahrt in den Hängen unterhalb der Nordwand
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Diese Variante (man könnte direkt vom Nordgipfel über den Nordwestgrat mit Ski abfahren) ist deutlich lohnender als die Normalabfahrt. Traumhafte Gletscherhänge und –mulden reihen sich aneinander. Allerdings ist auch die Spaltengefahr hier deutlich höher.

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Noch vor dem Gegenanstieg zum Mittelbergjoch wurde uns klar, dass wir keine Chance auf die Talabfahrt mit der mehr Standseilbahn hatten. Das hatte immerhin den Vorteil, dass wir uns beim Gegenanstieg nicht mehr beeilen mussten. Oben gab’s dann die letzten Flüssigkeitsreserven aus dem Rucksack – mehr in Tropfenform, denn in den gewünschten großen Schlücken … und konnten dabei noch einmal auf die Nordwand zurück blicken.

Unsere – etwas unfertige – Nordwandroute
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Als Alternative blieb also nur der Notweg. Immerhin macht er nun seinen Namen fast die Ehre. Zwar war hier auch mit Lawinengefahr zu rechnen, aber die gefährlichen Stellen könnten wir hier viel zügiger durchfahren als im flachen Taschachtal und weiter unten im Tal waren die Hänge bereits bis ganz hinauf weitgehend aper und die großen Frühjahrslawinen schon abgegangen.

Über die Piste (wir waren sogar so nett und haben den noch nicht frisch präparierten Bereich genutzt …) ging es runter zur Gletscherzunge des Mittelbergferners und weiter zum Beginn des eigentlichen Notweges.
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So rasch wie möglich durchquerten wir die potentiellen Lawinenstriche … Prompt konnten wir einen Nasschneeabgang beobachten, allerdings waren wir da schon durch und auch die Ausläufer dieses Abgangs hätten unsere Spur weit verfehlt.

Lawinenabgang von den Felshängen des Grabkogels oberhalb des Notwegs (zu sehen sind nur die kümmerlichen Reste. Es hatte etwa gedauert bis ich den Fotoapparat bei der Hand hatte)
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Mittlerweile wurden wir aber nervös, denn da wir die Telefonnummer unseres Quartiers vergessen hatten, konnten wir unsere verspätete Heimkehr nicht mitteilen …

Glücklicherweise lag selbst noch im Talgrund genug Schnee, so dass wir sehr weit abfahren konnten.
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Allerdings hatten wir uns zu früh gefreut. Denn direkt vor der Strassenabzweigung hatte eine riesige Lawine die Strasse an die 300m breit verlegt …
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Während Gerhard über das Chaos des Lawinenkegels rüberkletterte, durchquerte ich den Bach (mit dem angenehmen Effekt der Skischuhreinigung) und „genoss“ auf der anderen Seite noch ein paar hundert Meter Skiabfahrt auf den letzten Schneeresten, während links und rechts von mir bereits die Krokosse blühten.

Abfahrtsende direkt an den Häusern von Mittelberg. Links die den Weg versperrenden Lawinenreste
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Als wir dann - nach etwas mehr als zehn Stunden seit Losmarsch vom Mittelbergjoch – am Parkplatz ankamen, fielen uns bereits die Helikopter auf. Endlich im Quartier angekommen erfuhren wir dann von dem tragischen Lawinenunglück im Taschachtal …


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BeitragVerfasst: Mi, 14.05.2008, 6:13 
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@ helmut

helm und mut waren da wohl erforderlich!

tolle tour, nicht ganz ungefährlich.
danke dir für den schönen bericht.

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im "winter" auf atomic beta race & movement random
im "sommer" nur auf movement random & hagan chimera 3.1 & scott scale 29 sram xx1
http://de.wikipedia.org/wiki/Firngleiter


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BeitragVerfasst: Mi, 14.05.2008, 15:19 
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helmut hat geschrieben:
Endlich im Quartier angekommen erfuhren wir dann von dem tragischen Lawinenunglück im Taschachtal …

Das ist echt eintragisches Unglück, was da passiert ist. Die drei hatten das gleiche Ziel wie ihr beiden, wollten bloß über das Taschachtal aufsteigen und im Taschachhaus übernachten, um dann am nächsten Tag die Nordwand der Wildspitze zu erklimmen... Auch sieht man mal wieder, wie knapp Leben und Tod beieinander liegen. (Bericht)

Aber ansonsten toller Bericht über eure Tour mit genialen Bildern![/url]


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BeitragVerfasst: Mi, 14.05.2008, 20:20 
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schön, endlich mal Bilder von Wildspitz-Touren .. (wurde auch mal Zeit ..)

Ich hatte am Sonntag auch Tourengeher an der Nordwand beobachtet und mir gedacht: Wie wollen die über die Lawinenkante da raus? Da ist doch Endstation. Sind die so blind?

.. sind dann auch zu Fuß weiter hinauf.. krass..


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BeitragVerfasst: Mi, 14.05.2008, 21:16 
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starli hat geschrieben:
schön, endlich mal Bilder von Wildspitz-Touren .. (wurde auch mal Zeit ..)

Ich hatte am Sonntag auch Tourengeher an der Nordwand beobachtet und mir gedacht: Wie wollen die über die Lawinenkante da raus? Da ist doch Endstation. Sind die so blind?

.. sind dann auch zu Fuß weiter hinauf.. krass..


Meinst du mit "Lawinenkante" den Bergschrund (roter Pfeil im Bild)? Das ist im Prinzip eine Spalte, die zwischen "wandernden" Gletscher und am darunterliegenden Fels "festgefrorenen" Eiswand liegt. Die Überwindung ist meist ein grosses Problem, jetzt im Frühjahr ist dieser sog. Bergschrund zum Glück durch gut tragende Schneebrücken leicht zu überwinden gewesen.

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BeitragVerfasst: Mi, 14.05.2008, 22:14 
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Linker Fernerkogel – Firngenuss auf Traumhängen

Nach unseren samstäglichen Nordwandabenteuern suchten wir uns für die Abschlusstour am Sonntag etwas gemütlichere, skifahrerisch dafür umso Lohnenderes aus. Natürlich fiel unsere Wahl auf den Linken Fernerkogel (3279m), den gerrit ja bereits vorbildlich dokumentiert hat (Klick).

Entspannt ging es also in der Früh wieder mit der SSB hoch und in der Nähe der 6KSB-Talstation wurden gleich die Felle raufgeklebt und los gings. Anfangs waren wir weit und breit die einzigsten Tourengeher (später sahen wir eine kleine Gruppe nachkommen – wir haben sie aber später nicht mehr wieder gesehen, wahrscheinlich sind sie bereits vom Joch wieder direkt runter ins Skigebiet gefahren).

Vom Skigebiet sieht man nur die „wilde“ Seite des Linken Fernerkogels – vielleicht gehen ja deshalb so wenig Leute rauf
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Obwohl wir ein gemütliches Tempo wählten und der Aufstiegshang bis zum Joch von geringer Neigung ist, war der Aufstieg eine Plackerei – die Anstrengung von gestern saß doch noch in den Knochen.

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Aber sooo weit ist der Gipfel nicht mehr entfernt … noch immer kann man kaum glauben, dass es von hintenrum mit Ski bis direkt unter das Gipfelkreuz geht …
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Aber nach knapp zwei Stunden war auch diese Quälerei vorbei und wir konnten „pflichtbewusst“ die traditionellen Gipfelfotos machen …
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Die Abfahrt begann gleich von ganz oben ungemein lohnend. Das Skigelände hier kann durchaus als „benchmark“ für ideales Terrain herangezogen werden.
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Die Schneeverhältnisse waren fast durchwegs von schönem Firn geprägt …
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Das hochalpine Ambiente war wieder erstklassig …
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Die Braunschweigerhütte ließen wir rechts liegen – die von gerrit beschriebene Variante runter zum Notweg war nun bereits von den Schneeverhältnissen und der Lawinengefahr her keine Option mehr.
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Ab dem breiten Gletscherbecken des Karlesferners unterhalb der Braunschweiger Hütte hielten wir uns dann links um mit möglichst wenig Höhenverlust zurück zur breiten Zunge des Mittelbergferners im Bereich des obersten Teils des Notwegs zu kommen. Dabei kamen wir an Frau K’s Rinne vorbei (Klick) und blickten ob der Leistung (wahrscheinlich erste weibliche Telemarkbefahrung) ehrfürchtig nach oben …
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Angekommen am Mittelbergferner querten wir vorsichtig (und wegen der zahlreichen Querspalten zur Sicherheit etwas an Höhe verlierend) rüber zum Bereich des Notwegs (unpräpariert, aber anhand der Spuren eindeutig definiert) und blickten auf den untersten Bereich der Abfahrt zurück …
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Der kurze Rückaufstieg zur Talstation der 6KSB Gletscherbahn konnte uns nun nicht mehr schrecken …
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Endlich angekommen an der Terrasse des Restaurants an der SSB-Bergstation mischten wir uns dann unter das heitere Skifahrervolk und genossen ein kühles Erfrischungsgetränk (unsere eigenen Flüssigkeitsvorräte waren schon längst aufgebraucht).
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Wenig später konnten wir dann – müde, aber rundum zufrieden – Abschied nehmen von drei herrlichen Skitourentagen im Pitztal und einen letzten Blick auf unser heutiges Ziel genießen …
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Zuletzt geändert von helmut am Do, 15.05.2008, 19:45, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Do, 15.05.2008, 14:53 
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RetroRebel

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Tolle Bilder! Über das Eisklettern werde ich heute mal zur Abwechslung nicht lästern... :wink:
Das mit der Lawine ist natürlich schrecklich, wobei der späte Zeitpunkt m.E. wirklich eher ungewöhnlich ist, ich dachte, so am mittleren Nachmittag wäre es eigentlich am gefährlichsten.
Aber wie man sieht, ist der "Notweg" ohne ständige Betreuung des Lawinendienstes praktisch auch nicht wirklich zu gebrauchen, bei uns sind ja auch laufend kleinere Lawinen runtergekommen.

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Schweben im Powder - Die, die es erlebt haben, verstehen, den anderen kann man es nicht erklären!


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BeitragVerfasst: Do, 15.05.2008, 19:25 
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RetroRebel
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Hochinteressanter Bericht wieder mal. Täuscht der Eindruck oder ist die Besteigung der Wildspitze als Skitour ab Mittelbergjoch relativ einfach?

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BeitragVerfasst: Do, 15.05.2008, 19:56 
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k2k hat geschrieben:
Hochinteressanter Bericht wieder mal. Täuscht der Eindruck oder ist die Besteigung der Wildspitze als Skitour ab Mittelbergjoch relativ einfach?


Der Eindruck täuscht nicht (zumindest bei guten Verhältnissen). Die Skitour über dem Normalweg mit Seilbahnunterstützung über dem Mittelbergjoch ist wirklich einfach. Skifahrerisch sowieso. Im (Fuss-)Anstieg zur Wildspitze gibt es eine "Mit-Händen-Anhalten-"Stelle, die Trittsicherheit erfordert (kann bei Vereisung wohl durchaus um einiges heikler sein).

Trotzdem sollte man etwas aufpassen (Spaltengefahr!). Uns sind bei der Abfahrt im obersten Teil dann einige Spalten aufgefallen, die trotz der hohen Schneelage bereits wieder ein klein wenig offen waren und zwar direkt auf der "Piste" (kein Scherz: es gab rund um die Hauptlniie wirklich eine etwa 10-20 m breite "Piste" :wink: ).

Skifahrerisch um Welten lohnender ist der direkte Anstieg (und Abfahrt) zum Bereich unter die Nordwand und dann - rechts der Nordwand - rauf über den - anfangs sehr breiten, kammartigen - Nordwestgrat (je nach Verhältnissen das letzte Stück Ski tragen bzw. Skidepot machen).

Bei schlechter Sicht wird ein so ausgedehntes Gletschergelände natürlich schnell gefährlich ...

P.S.: Nach Rückkehr ins Skigebiet ging sich auch noch ein entspannter Pistennachmittag aus. V.a. die Abfahrten vom Hinteren Brunnenkogel waren sehr gut (im steileren Bereich fast noch "pulvrig"). Leute waren überraschend wenig im Gebiet (haben sich wohl gut verteilt, die Parkplätze unten waren nämlich ganz schön voll).


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BeitragVerfasst: So, 18.05.2008, 18:08 
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Ich kann vom 12.5. einige Zooms von der Wildspitze nachreichen, auch am Montag sind einige Eiskletterer unterwegs gewesen:

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^ Wo wollen die Skitourengeher an der Wildspitze denn hin? Sind die blind, dass die die Kante nicht sehen? :-)

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^ .. ahja - die sind einfach zu Fuß weiter. Na, wenns Spass macht...

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^ Die beiden Wildspitz-Gipfel, vorne noch weitere Eiskletterer...

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^ Wildspitze im Zoom (bzw. im Gesamten, von der Kletterpartie her betrachtet)


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BeitragVerfasst: Mo, 19.05.2008, 7:20 
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helmut hat geschrieben:
... kein Scherz: es gab rund um die Hauptlniie wirklich eine etwa 10-20 m breite "Piste" :wink: ....

So eine "Piste" hatte ich mir ja ständig bei der Abfahrt von der Punte Helbronner erhofft - wegen des extrem anstrengenden Schnees. Dort ist aber leider jeder gefahren wo er will. Der Hang war somit auf voller Breite verspurt, aber es gab keine eingefahrene Piste. Aber schon interessant, dass sich solche Pisten dann sogar im völlig liftlosen Gelände im Bereich des klassischen Skibergsteigens finden.

Merci für den schönen Eiskletter-Bericht. Das würde mich auch mal reizen. Kraxelei im Eis habe ich ja schon gemacht und das liegt mir mit meinen ungünstigen Proportionen deutlich mehr als der Fels.

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Chasseral - "Les derniers vestiges ont disparu - la fin d'un rêve"


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BeitragVerfasst: Mo, 19.05.2008, 11:51 
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So'n 50°-Anstieg im Eis und Firn habe ich noch nie gemacht - leider. Leider deshalb: Der Island-Peak hat ungefähr diese Daten und für eine Besteigung desselben war ich 1999 angemeldet. Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste ich damals aber meine Teilnahme absagen. :(

Nochmal zum Untergrund: Wenig Firn auf dem Eis stelle ich mir kniffeliger vor als Blankeis. In deiner Schilderung siehst du das anders. Wie kommt man mit den dünnen Firn konkret so zurecht? Wie sieht dort der Einsatz der Eisgeräte aus?

_________________
Chasseral - "Les derniers vestiges ont disparu - la fin d'un rêve"


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BeitragVerfasst: Mo, 19.05.2008, 21:52 
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Chasseral hat geschrieben:
Nochmal zum Untergrund: Wenig Firn auf dem Eis stelle ich mir kniffeliger vor als Blankeis. In deiner Schilderung siehst du das anders. Wie kommt man mit den dünnen Firn konkret so zurecht? Wie sieht dort der Einsatz der Eisgeräte aus?


Der Firn (bzw. die "Schneeauflage") war nicht weich sondern harter, "eisähnlicher" Schnee, der fest am Eis geklebt ist. Unserer Befürchtung, dass der Schnee u.U. nur fragil am Eis haften würde, hat nicht zugetroffen. Daher war das Steigen in diesem Teil auch vergleichsweise angenehm (während es im Blankeisteil aufgrund der Härte des Eises mühsam bzw. anstrengend war, allein dadurch, dass das Setzen der Eisgeräte Kraft beanspruchte und man auch mit den Füssen immer nur auf den vordersten Zacken der Steigeisen stand). Die Eisgeräte haben wir in diesem Teil genauso wie im Blankeis verwendet, mit dem Unterschied, dass sie wie durch "Butter" in den harten Schnee reingingen, gleichzeitig aber genug Haltekraft hatten. Das Höhersteigen selbst erfolgt bei diesem Steilheitsgrad sowieso vorwiegend über die Füsse (d.h. man zieht sich nicht an den Eisgeräte hoch, sondern verwendet die eher wie ein "Geländer"). Im Firnteil standen die Füsse dann auch wesentlich bequemer auf der jeweils vom Fuss "gesetzten Stufe".

Interessant ist, dass man von der Ferne (z.T. auch auf den Fotos) das Blankeis gar nicht so richtig erkennt. Was tw. von weitem wie Firn/Schnee aussieht, entpuppt sich aus der Nähe als fast "reines" Blankeis.


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