Bei der Bewertung derartiger Bilder (seitens des skifahrerischen Inhalts - nicht deren Qualität) kommt meiner Meinung ein weiterer Aspekt zum tragen, den ich in dieser angenehm sachlich wie kontrovers geführten Diskussion noch nicht gelesen habe:
Woher kommt man?
Was meine ich damit? Ganz einfach die geographische Entfernung des eigenen Wohnortes zu den Bergen. Warum werfe ich diese Frage auf? Weil ich denke, dass hiermit auch ein unterschiedliches Verhältnis zu divergierenden Situationen in den Bergen entsteht, zumindest entstehen kann.
Mein Eindruck dieses sehr angenehmen Forums ist der, dass sich hier facettenreiche, interessierte, gebildete und intelligente Menschen tummeln. Diese sind ergo auch in der Lage und gewillt etwas differenzierter zu denken, zu bewerten und auch wahr zu nehmen. Gerade diese Fähigkeiten und Eigenarten führen zu der hier herrschenden positiven „Andersartigkeit“. Aber genau diese können auch dazu führen, dass man multiple wahr nehmen, bewerten und daher auch partiell genießen kann. Und genau hier kommt wieder die von mir angeführte Entfernung zum tragen. Wohne ich wie trinc in Hannover (wars doch, oder?), dann verbringe ich idR potentiell weniger Zeit in den Bergen als Eingeborene und Alpenvorländer. Die Gewichtung in der Bewertung von Berichten, Umständen und Situation zu Gunsten der persönlich geschätzten Aspekte bei Aufenthalten in den Alpen wird nun zwangsläufig höher ausfallen als bei den Bergbewohnern. Der Eingeborene hingegen steht vor einer etwas anderen Situation. Auch ihm mögen spezielle Rahmenbedingungen, Orte und Stimmungen deutlich mehr Spaß machen als andere, beliebige, austauschbare. Aber durch seine Nähe zu den Bergen rückt der sportliche Aspekt am „Wintersport“ in einen anders zu gewichtenden Fokus. Er kann einen Nachmittag nach IBK, München, Salzburg oder sonstwohin zum shoppen fahren, oder er fährt mal eben kurz auf einen 0815 Berg zum Ski-„fahren“ – nicht Ski-„erleben“. Zu den eigentlichen „Urlauben“, in denen man die speziellen Orte in größerer Entfernung aufsucht, die Magie versprühen, die ein besonderes Flair bereit halten, die eine einzigartige Infrastruktur bieten, die einfach Faszination vermitteln, kommen ganz viele Tage, an denen eine lapidare Frage aufkommt: Mache ich irgendetwas, was alle machen oder gehe ich rauß in die Natur und betreibe einen wunderbaren Sport in den Bergen? Sicherlich, es sind dann nicht die tollsten Berge, es sind nicht die besonderen Gebiete, es sind nicht die herausragenden Abfahrten, aber es SCHNEESPORT. Ich selber bin auch eine derart zweigespaltene Seele: Ich liebe das Hochgebirge und finde mich dort. Die Wirkung eines Aufenthaltes in Mitten von schroffen Felsen und Gletschern führt bei mir zu einem Wohlbefinden, zu einem Zustand, der weit über den Aspekt „ich bin Snowboarder“ hinaus geht. In Worte zu fassen ist dies in Kürze auf die Schnelle nicht. Aber der Großteil von euch kann mich verstehen. Auf der anderen Seite liebe ich aber auch das „Snowboarden“. Das Fahren, das Umsetzen von Technik, das Erleben der Kräfte, den Kontakt zum Schnee und alles was am Ausüben einer technischen Sportart eine Rolle spielt. Auch macht es Spaß mit HighSpeed in weiten Schwüngen zu carven und einen Vitelli nach dem anderen hin zu legen. Diese Facette hat auch ihren Reiz – Sie ist nicht derart von äußeren Umständen, Impressionen geleitet wie Befinden in einem tollen Flair, aber sie birgt auch ein erhebliches Potential. Als Facette. Des Ganzen. Wenn ich jetzt in München sitze und weiß, dass ich erst am späten Nachmittag arbeiten muss, stellen sich mir diverse Optionen: Bla bla bla bla bla (beliebig verwendbar für irgendwelche Freizeitgestaltungsoptionen in einer Stadt) oder schnell mal in einer dreiviertel Stunde nach GAP zu fahren und auf den meist ordentlich präparierten Pisten Kandahar und Olympia technisch zu heizen, bei gutem Schnee auch mal am Bernadain und an der Alpspitze zu powdern. Da weiß ich genau, was ich mache – und zwar ohne jede Reue. Boarden ist für mich nicht „technisch heizen“ – aber dies zu machen ist ein Aspekt, der auch Spaß macht. Wir Bergbewohner können den diesen vielen verschiedenen Aspekten des Wintersports leichter nachgehen, da es für uns seltener eine Entscheidung bedeutet. Die Wahl des einen schließt das andere nicht aus. Wir können einfach ob der Anzahl unserer potentiellen Schneetage das eine wie das andere machen. Das Abwägen fällt weg und damit auch deutlich die Amplitude in der Bewertungsskala: „Ist jetzt zwar nicht mein Ideal, aber passt scho´ für heute.“ Zudem birgt das Ausleben einzelner Facetten auch seinen Reiz – das Nicht-treffen-müssen von Entscheidungen bietet mitunter Reichtum.
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