::: The Great Southern Trendkill Tour 2008 // RetroRebels' La Grave Double Feature // Part 1 - Chasseral :::La Grave, 16.2.2008: Auf dem Dach Ski-Europas - Ski radikalAnkunft in La Grave zwischen 8 und 9 Uhr abends. Das Castillan - ein alterwürdiges Hotel aus einer vergangenen Epoche; in La Grave jedoch zeitlos; wie für die Ewigkeit gemacht.

Beeindruckend! Gegenüber in der Dunkelheit schemenhaft erkennbar: Die spektakuläre Gruppenumlaufbahn hinauf ins Skigebiet.
Das Abendessen ist eine höchst positive Angelegeheit. Im gemütlichen und nicht zu großen Speisesaal sitzt man prima. Als Abendessen werden 3-, 4-, 5- und 6-Gang-Menüs angeboten. Die Essenspreise sind überhaupt nicht Französisch, sonern extrem überschaubar. Auch die zahlreichen Low-Budget-Urlauber aus der Freeride-Szene, die offenbar im Winter schwerpunktmäßig das Haus bevölkern, haben hier eine Chance auf ein tadelloses Menü mit allem was dazugehört. Der abschließende Käsegang ist professionell serviert und sozusagen das i-Tüpfelchen auf ein gutes Essen mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis. Interessant: Die Nachspeise vor dem abschließenden Käsegang ist mit "Forêt Noire" angekündigt. Und in der Tat: Serviert wird ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte.
Nach dem Essen kommen wir mit anderen Gästen ins Gespräch und erhalten wertvolle Tipps für den folgenden Tag. Man merkt schon: We hier regelmäßig zu Besuch kommt, für den ist La Grave das Nonplusultra. Wir erfahren viel über die Routen im ungesicherten Bereich unterhalb 3200 m. Vor allem werden wir über die problemlosen Routen aufgeklärt, aber auch von den "Schmankerl" wie dem Babanencouloir erlangen wir Kenntnis. Interessant auch der Tipp, vormittags auf der Rückseite des Berges nach St. Christophe abzufahren und dort hervorragend zu essen. Der Wirt bringt einen dann wieder zurück zur nach L2A führenden Gondelbahn. Auch die Verbindung nach L2A sprechen wir an - und ernten Unverständnis. Wie man auf die Idee komme, sich in La Grave einzuquartieren und dann in L2A fahren zu wollen? Ein echter "La-Gravler" kann der üppiger erschlossenen Westflanke des Massivs wohl nicht allzuviel abgewinnen. Immerhin ist gutes Wetter angesagt, die Lawinengefahr ist vernachlässigbar und der Dôme-de-La-Lauze-Schlepper in L2A läuft. Beste Voraussetzungen also für die höchstgelegene Skigevbietsverbindung Europas. Der Nordhang präsentiert sich bis ins Tal tief weiß; der kompletten 2000-Höhenmeter-Abfahrt sollte also nichts im Wege stehen.
Die Panoramakarte (Pistenplan) stellt in La Grave eine Total-Photographie dar, in der neben den wenigen Pisten am Gletscher sowohl die empfohlenen Haupt-Routen eingezeichnet sind, als auch Punkte, die unbedingt zu meiden sind oder eine besondere Gefahr darstellen. Diese Informationen sind dann beim Befahren auf die reale Natur zu übertragen.

Die Zimmer sind schön, wobei meine Plastik-Toiletten-Bad-Einheit, die wohl für Flugzeugeinrichtungen konzipiert ist, etwas gewöhnungsbedürftig ist. Ich verfalle in einen tiefen Schlaf.
Am Morgen bin ich top fit. Das Frühstück überrascht uns in Form eines opulenten Buffets, das kaum Wünsche offen lässt.
Langsam erhebt sich der Tag über La Grave

^^ Meije-Massiv - ganz unten in weiss der letzte Hang der Talabfahrt

20 Minuten vor Betriebsbeginn sind wir an der gegenüberliegenden Talstation und schaffen es, mit der ersten Gondel des Tages nach oben zu fahren.
Die Talstation präsentiert sich in ihrem charakterisischen Dreieicksdesign zeitlos-modern, die Bahnkonstruktion selbst ist ein skurriler Stahlverhau, der ebenfalls für die Ewigkeit gemacht scheint.
Die Bergfahrt ermöglicht schöne Blicke auf die schneefreien Südhänge und auf die bildhübschen, alten Steinhäuser des Dorfes. Je höher man fährt, umso eindrucksvoller treten die kargen, waldarmen Südhänge in Erscheinung, die man in dieser Form in den Nordalpen nicht findet. Gleichwohl gehört La Grave streng geographisch zu den Nordalpen, während es politisch zu den Südalpen zählt und von der Vegetation her auch eher denselben zuzrechnen ist. Wir bestaunen immer wieder das Seilbahn-Meisterwerk von PHB, genial trassiert und technisch höchst interessant und individuell. Oberhalb der Waldgrenze fällt der Blick auf die Routen des Vallon de la Meije und gibt einen ersten Eindruck vom gigantischen Potenzial dieses Skigebiets.



An der Bergstation angekommen bestaunen wir die ungewohnte Szenerie und die gigantische Landschaft.



Wir schieben bald die wenigen Höhenmeter hinauf zum ersten Teil-Schlepplift Namens Trifides. Auch dieser eine gigantische Konstruktion. Alle Aufhängungen sind im gewachsenen Fels verankert, teil in schwindelerregender Höhe. Und die Konstruktion mit der Umlenkung zum oberen Teillift muss man mit eigenen Augen gesehen haben. Erst dann bekommt man eine Vorstellung, in welche unglaublich genialer Weise hier die technische Erschließung stattgefunden hat.

Nach der Schussfahrt zum Girose-Lift geht es mit diesem sofort hinauf zum höchsten mit einem Schlepplift erschlossenen Punkt in Frankreich (3540 m). Auch hier oben ist erst mal Staunen angesagt. Auch Kamerad Mont Blanc lacht aus der Ferne; davor die kargen landschaften des akribisch gefalteten Gebirges.







Vieles ist anders als in La Grave. Ein Beispiel findet sich in Form der Hinweisschilder am Girose-Lift. Während es überall sonst in den Alpen heißt: "Bei Sturz bitte die Liftspur sofort verlassen", muss sich der Girose-Fahrer an die gegensätzliche Verhaltensregel gewöhnen: "Bei Sturz die Liftspur auf keinen Fall verlassen, sondern in der Liftspur zur Talstation abfahren".

Nach zwei recht hübschen, aber unspektakulären Abfahrten in feinstem, gewalzten Pulverschnee schreiten wir zu eine Pause auf der Terrasse des Restaurants nahe der Seilbahn-Bergstation. Den von mir nachgefragten Pfefferminztee gibt es hier nicht. Es wird zwar viel Tee verauft, aber es gibt nur eine einzige Sorte: Yogi-Tee.



Die Musik aus den Lautsprechern ist gut, das Wetter toll, hier lässt es sich aushalten.
Nach der Pause gehen wir an die Talabfahrt, wobei wir zunächst die Standardroute durch das Vallon Chancel wählen. Die Route ist gut eingefahren und etwa alle 500 Meter mit kleinen Holzschildern beschildert.

^^ Hier - an den beiden Wegweiser-Pfeilen zu sehen - verzweigen sich die beiden Hauptrouten Vallon Chancel (links) und Vallon de la Meije (rechts). Wir fahren, wie berichtet, links.

^^ Routenbeschilderung nach Art "La Grave"
Die Route ist extrem einfach und angenehm zu fahren. Der Schnee ist pulvrig-griffig, die Buckel sind nur kniehoch. In Verbindung mit der ungewohnten und grandiosen Landschaft ist dies gemütliches Genuss-Skifahren.

Höchste Aufmerksamkeit erfordert allerdings der Höhenbereich zwischen 3000 m und 2800 m. Hier ist es extrem abgeblasen und Schneearm. Ganz steinfrei kommt man kaum herunter und eine steinige Rinne ist ganze 1,5 m breit und mit Steinen durchsetzt, so dass einem hier nur eine einzige Wahl bleibt: Quer hinuntersteigen Schritt für Schritt.


Unterhalb dieser Rinne geht's dann aber wieder traumhaft. Wir fahren einen weiten Bogen auf der linken Seite durch das Vallon und kommen nahe dem Refuge Chancel vorbei.



^^ Tiefblick auf La Grave

^^ Hinter uns die bewältigten Genusshänge

^^ Refuge Chancel - vor dieser (Sonnen-)Seite recht schneearm
Dahinter folgt eine Traverse nach Rechts, wo nicht auf den ersten Blick klar ist, wo die beste Spur verläuft. Ich frage einen Skilehrer, der mit einer Anfängerin unterwegs ist. Sein Hinweis verschafft Klarheit.


^^ Blick zurück
Dort, wo die Falllinienhänge enden und der Wald beginnt, wurde es früher gefährlich für Leute, die nicht nach rechts in den anfänglich nicht klar erkennbaren Ziehweg abgebogen sind, sondern weiter in den Wald hineingefahren sind. Irgendwann kommen dort senkrechte Felsabstürze. Heute ist unterhalb des Ziehwegs eine Leine gespannt, die keinesfalls überfahren werden darf. Lebensgefahr! Wir biegen nach rechts in die Traverse ein, die immer mehr zum Ziehweg wird. Lagravisch konsequent ist auch dieser ziehweg ungewalzt. Und das fordert ordentlich heraus.


So angenehmt Buckel in der Fallinie sind, so ungewohnt und tückisch sind sie im Ziehweg. Es ist schwierig, die richtige Geschwindigkeit zu finden, die einerseits schwingen ermöglicht und Stopps in den Buckelmulden verhindert und andererseits kein gefährlichen "Hüpfer" hervorruft. Dieser Ziehweg dauert nochmal richtig lange, bevor der letzte Schlusshang kommt, der einen zum Pylône 1800 führt, der Zwischenstation der ersten Sektion auf einem Masten. Diesen Schlusshang kann man in zig verschiednenen Variantionen durch die Baumgruppen hindurch fahren.
Der Einstieg am "1800" anstelle der Talabfahrt bis auf 1400 Meter empfiehlt sich schon deshalb, weil sich damit der kraftraubende Aufstieg aus dem Talboden hinauf zur Talstation erübrigt. Diese Aktion spare ich mir für die abschließende Abfahrt am Abend auf. Vom Vallon Chancel kommt man nicht zur Mittelstation zwischen den beiden Seilbahnsektionen auf 2.400 m Seehöhe; eine Felsbarriere verhindert dies. Erstes Fazit: Alleine das Vallon Chancel bietet Abfahrtsvarianten für mehrere Tage. Bereits jetzt wird klar, dass dieses aus 4 Liften bestehende Skigebiet variantenreicher ist, als so manches Skigebiet mit 30 Liften.
Wir steigen am Pylon 1800 ein und geniessen ein zweites Mal die Auffahrt mit der genialen GUB.


Kurz vor der Mittelstation "2400" überfahren wir den parallel geführten und erst vor wenigen Jahren aufgebauten Ex-Bouquetin-Sessellift; dieser ist nicht mit Fahrbetriebmitteln ausgestattet. Unser einheimischer Gondel-Mitfahrer klärt uns auf, dass dieser Lift nicht mehr in Betrieb gehe.
Die zweite Sektion gibt den Blick frei auf die hochalpinen Traumhänge des Vallon de la Meije.

Oben angekommen, stürzen wir uns ins Vallon de la Meije. Hier halten wir uns nach einer steinigen Einfahrt ganz rechts (von oben aus gesehen) und sehen uns vor jeder kommenden Steilstufe vor die Aufgabe gestellt, zwischen verschiedenen Hängen und Geländekammern zu wählen. Das Angebot reicht hier meist von der krass steilen Rinne bis zu breiten Genusshängen. Der Schnee ist überall griffig, die Buckel sind moderat, so dass das Befahren überall ein Genuss ist. Für nahezu alle Skifahrer vom fortgeschrittenen Anfänger bis zum Steilhangspezialisten stellt das hier gebotene Skifahren von seiner feinsten Sorte dar. Dazu gesellt sich eine Landschaft, die in dieser Ausprägung auch nur selten anzutreffen ist. Rechts der immens hohe und steile Felsaufbau der Meije mit seinen Hängegletschern - ein Grund, warum man nicht zu weit rechts fahren sollte; die Panoramakerte warnt hier vor Eisschlag. Gegenüber die kargen, gefalteten Gebirgsketten. Das Vallon de la Meije selbst ist eine überaus variantenreiche Mulde mit einer sehr diffizilen Struktur, welche die genannten genialen und abwechslungsreichen Abfahrtsmöglichkeiten bietet. Die Wahl der richtigen Route fällt hier wirklich schwer aufgrund des "Luxusproblems", dass man sich für eine Route entscheiden muss und auf die tollen Alternativen erst einmal verzichten.










^^ Eisbrüche zum Greifen nah ...

^^ Steilere Rinnen lockern - sofern gewünscht - den Fahrspass auf.


Von unserer rechts liegenden Route aus können wir die Abzweigung zur Mittelstation "2400" links nicht erreichen und streben dem Tal entgegen. In immernoch gut kupiertem und rinnendurchsetzem Gelände fahren wir in lockeren Lerchenbestand ein und lassen den hochalpinen Teil hinter uns.

Bei der letztmöglichen Gelegenheit verlassen wir diese zum Dorf führende Route und biegen nach links in den dichteren Baumbestand ein, wo uns ein manchmal breiter, oft aber extrem schmaler Weg abermals zur Zustiegsstation Pylône 1800 führt. Wie schon von der anderen Seite, fordert uns diese Querfahrt abermals gewaltig und kostet nach den mit Leichtigkeit absolvierten Genusspassagen im Steilgelände ordentlich Kraft. Manchmal ist der Weg zwischen Bäumen und Monolithen gerade so breit, dass man hindurchpasst uns selbstverständlich überall von Buckeln durchsetzt. Pistenwalzen haben hier nichts zu suchen. Und abermals freuen wir uns über das Absolvieren von 1.400 spektakulären Buckelpistenhöhenmetern.
Oben angekommen, begeben wir uns in die Mittagspause.



Gerrit und k2k wollen etwas gemütlicher rasten, ich (Chasseral) schlinge eine Suppe hinein, um mich zwischenzeitlich nochmals ins Vallon de la Meije begeben zu können. Dieses Mal bleibe ich so weit wie sinnvoll möglich auf der linken Seite. Hier finde ich längere Steilhänge, die aber weniger steil sind als die Rinnen im rechten Bereich. Man fährt sich hier glatt in einen Rausch. Die Vermutung, dass dieses Skigebiet mehr abfahrerisches Potenzial für einen mehrtägigen Aufenthalt bietet als manches liftreiche Grossskigebiet, wird eindrucksvoll untermauert.


Ich möchte zur Abwechslung die Mittelstation "2400" ansteuern und muss im richtigen Moment einer schmalen Skispur folgen, die links abbiegt. Da das Gelände hier etwas kuppenartig (konvex) ist, ist dieser Verlauf schlecht zu überblicken. Darum hatte ich mir das bei der Bergfahrt eingeprägt. Die Gondel schwebt so hoch über dem Terrain, dass man einen hervorragenden Überblick hat. Interessanterweise steht an der unmittelbaren Abzweigstelle kein Hinweisschild zur Mittelstation. Folgt man rechts der einladenden Rinne, hat man den Abzweig prompt verpasst. Die Skispuren führen etwa einen Kilometer über flaches Gelände, bis der kurze Schlusshang zur "2400" folgt. Mangels "Bouquetin-Sesseliftbetrieb" kann man die zusätzlichen 100 Höhenmeter zur Sessellift-Talstation nicht nutzen.

^^ Mittelstation 2400, rechts daneben die Bergstation der nicht betriebenen DSB
An der Mittelstation ist etwas Andrang, so dass es knapp wird mit den 5x6 Plätzen. Ich will meine Kameraden oben nicht lange warten lassen und frage kurz vor dem Schließen der Türen, ob ich noch in eine mit 5 englischsprechenden Freeridern besetzte Gondel zusteigen kann, was diese mässig begeistert bestätigen können. Es folgt eine luftige Fahrt an den Türpfosten gequetscht bei großen Bodenabstand. Keine zerkratzten Türscheiben trüben meinen Blick

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Inzwischen nach 14.00 Uhr fahren wir noch einmal mit den Schleppliften auf den Gletscher. An beiden Liften absolvieren wir Wiederholungsfahrten.
Die folgende Bilderserie ist der einmaligen Schleppliftkonstruktion gewidmet, beginnend mit deren erstem Teil "Trifides" mit seinen krassen Felsverankerungen (die ja leider in dieser Form inzwischen Geschichte ist) ...









... fortgeführt mit dem zweitem Teil "Girose", welcher den französischen Höhenrekord für Schlepplifte erklimmt und einen Zugang zu L2A ermöglicht:





Dann folgt der in jeder Hinsicht krönende Abschluss: Wir steigen mit geschulterten Ski von der Bergstation (3540 m) bis zur Krete (3560 m) und weiter auf die gewaltige Eiskuppe des Dôme de la Lauze (3570 m).



Von hier blicken wir skigebietstechnisch auf die La-Grave-Bergstation, auf die L2A-Schleppliftstation Dôme de la Lauze (3520 m) und auf die U-Bahn-Bergstation Dôme de Puy Salie (3450 m). Hier sind wir mitten auf der Verbindung der beiden Teilgebiete, die über zwei gewalzte Wege stetig auf und ab geht und zu Fuß in 15 - 25 Minuten in beide Richtungen zu bewältigen ist. In Richtung L2A bietet sich noch ein etwas tiefer liegender Weg an, der den höchsten Punkt meidet und so etwas kraftsparender sein dürfte.
Gigantisch ist aber das Alpenpanorama ! Der Mont-Blanc im Norden ist schon gewohntes Bild, aber die nahe und schroffe Barre des Ecrins türmt sich zum ersten Mal imposant vor uns auf. Mein persönliches Erlebnis ist der deutlich in der Ebene aus dem Dunst aufragende Mont Ventoux; den hatte ich bislang nur von der diametral entgegengesetzten Seite gesehen. K2k glaubt sogar, das Mittelmeer zu erkennen.


^^ ganz oben am Horizont der Mont Ventoux, südfranzösische Bergbastion vor den Alpen

^^ Gwei Größen auf einem Bild


^^ Blick in Richtung der Bergstationen von L2A mit gewalzten Verbindungswegen
Wir verweilen noch eine ganze Weile hier oben, bevor wir uns auf die letzte Abfahrt begeben. 2150 m de dénivelé sagt der Prospekt - sogar 2170 sind es von hier oben aus. Diese Abfahrt muss man geniessen.

^^ Hier geht es los: 2150 m de dénivelé - eine der grössten Abfahrten in den Alpen - in vielerlei Hinsicht
Schwung für Schwung fahren wir genussreich über den Gletscher, schieben die paar Stöckschübe zur Seilbahnstation hinauf, um wieder das Vallon Chancel anzusteuern. Die Krönung ist hier sicherlich der direkte Weg über den Gletscher zum Col du Lac und weiter ins Vallon Chancel. Die freie Überquerung des spaltenreichen Gletschers ist uns aber ohne Führer zu heikel, so dass wir uns brav an Piste und Standardroute halten. Die Gletscher-Route erfordert darüber hinaus, dass man den Col du Lac findet, um in das Vallon Chancel hinüberzuwechseln. Einige Spuren folgen auch der Geländekammer des Gletschers, ein Nachfahren dieser Spuren bereitet dem "Normalo" aber wenig Freude. Erstens erfordern zeitweilige Steilstufen ein Abseilen und zwietens landet man nicht in La Grave, sondern weiter westlich. Die Gletscherroute ist im Panorama nicht direkt eingezeichnet, aber die Wegweiserpiktogramme sind eingezeichnet, die dringend raten, aus diesem Bereich den Col du Lac anzusteuern. Diese Darstellung gibt Einblick in die Sicherheitsphilosophie des Skigebiets: Empfehlungen für überschaubar problematische Routen und Warnungen vor extrem gefährlichen Dingen. Dazwischen bleibt alles in der eigenständigen Beurteilung durch den Skifahrer. Weitere Philosopihie: Keine Bevormundung! Alles ist erlaubt! Aber für alles trägt der Skifahrer die alleinige Verantwortung. Dieses Konzept kommt bei den Besuchern an.

Noch einmal befahren wir das Vallon Chancel. Ursprünglich wollen wir in der Hütte einkehren, halten uns noch weiter links und landen auf dem Dach der von dere Westseite tief verschneiten Hütte. Interessanterweise ist die Hütte von der Ostseite schneefrei, der Fels vor der Hütte ausgeapert. An der Hütte angekommen kündigt sich langsam die Dämmerung an. Unglaublich wie hier die Zeit verrint. Ein Zeichen für extreme Kurzweiligkeit des Gebietes und dafür, das die einzelne Abfahrt bei geringer Gesamtzahl an Abfahrten den Skifahrer wesentlich mehr ausfüllt als anderswo.

^^ Dach des Refuge Chancel - diesmal von der "Schnee-Seite"

^^ Die Abfahrt liegt bereits tief im Schatten.
Wir traversieren erneut mit inzwischen etwas ermüdeten Oberschenkeln in Richtung Pylône 1800. Dort angekommen sind Gerrit und k2k mit dem Tagesergebnis mehr als zufrieden, so dass sie sich weitere Querfahrten und den etwa 30 Höhenmeter betragenden Anstieg über Treppen aus dem Talboden bis zur Talstation nicht mehr antun möchten. Für mich (Chasseral) kommt diese Lösung nicht in Frage. Wenn Schnee liegt, bringt mich kaum jemand in die talwärts fahrende Gondel, so dass ich die 2170 Höhenmeter "voll mache". Die Traverse nach Osten ist jetzt nicht mehr nur ziehwegig, sondern teilweise von krassen Steilstücken durchsetzt. Eine Brücke bringt einen dann auf die andere Bachseite zur Talabfahrt, die aus dem Vallon de la Meije kommt.

Auf der nördlichen Talseite liegt La Grave tief unten bereits im Schatten, während die Bewhner der Dörfer weiter oben noch die Abendsonnne geniessen.


^^ La Grave komplett
Jetzt wechseln gut eingefahrene Ziehwegstücke und kurze Hänge ab, bevor der mittelsteile Schlusshang über freie Hänge bis in den Talboden zum Fluss als krönender Abschluss dieser außergewöhnlichen Abfahrt folgt. Die Einfahrt in den Hang ist ein wenig abgerutscht, so dass es zu geringem Graskontakt kommt, der Rest ist dann wieder perfekt zu fahren.

Vor dem letzter Querweg offenbart sich der strapaziöse Schlussakkord. Die Piste endet ganz unten am Fluss, während die Talstation der Seilbahn zig Möhenmeter höher auf dem Felsen trohnt.


Geschafft: Mehr als 2.100 Meter Höhendifferenz sind absolviert. Mit dem letzten Rutscher gelangt man über die Brücke, die auf die Nordseite des Flusses führt.

Der schweisstreibende Treppenanstieg zur Talstation ist der Abschluss einer außergewöhnlichen Abfahrt, die von einer entrückten Gletscherwüste mit Provence-Blick, vorbei an krassen Felswänden, durch hochalpine Täler, durch verschiedene Waldzonen bis hinab in den Talboden unterhalb eines schmucken altertümlichen Dorfes führt.

Wieder zusammengetroffen sind wir begeistert! Das Skigebiet dürfte eines der attraktivsten Gebiete sein, die mit Aufstiegshilfen erschlossen sind.
Abends lockt abermals ein leckeres Menü, bevor uns der nächste Tag in den anderen Teil dieses Doppel-Skigebiets führen wird.
